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Meinung: Rüttgers’ Club

Von Cordula Eubel

Der Schachzug war geschickt: Mit seiner Forderung, älteren Menschen wieder länger Arbeitslosengeld I zu zahlen, profiliert der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sich als das soziale Gewissen der CDU – und bringt die SPD in Bedrängnis. Rüttgers will die Auszahlungsdauer des Arbeitslosengeldes I wieder an die Dauer der Beitragszahlung koppeln. Doch auch wenn es bestechend klingt: Der Vorschlag ist weder sozial noch gerecht.

Soll das ganze Programm tatsächlich – wie die Union behauptet – nichts kosten, hat es für die Jüngeren erhebliche Folgen. Sie müssten länger einzahlen, bevor sie überhaupt einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erwerben, das sie dann auch noch kürzer ausgezahlt bekommen würden. Hinzu kommt, dass Rüttgers’ NRW-CDU Kinder für ihre arbeitslosen Eltern stärker zur Kasse bitten will. Beides trifft junge Menschen genau in der Phase, in der sie sich ihr Leben aufbauen. Ist es etwa gerecht, wenn der 33-jährige Familienvater, der seinen Job verliert, nur zwei Monate Unterstützung erhält, während der 58-jährige, dessen Kinder aus dem Haus sind, zwei Jahre lang einen Großteil seines letzten Gehalts ersetzt bekommt?

Was das den Älteren nutzen würde, ist ohnehin zweifelhaft. Die Frühverrentungspolitik der vergangenen Jahrzehnte hat in Deutschland dazu geführt, dass zu viele ältere Arbeitnehmer aus ihren Jobs gedrängt wurden. Arbeitgeber und Gewerkschaften konnten früher ihr schlechtes Gewissen damit beruhigen, dass ein Ende-50-Jähriger noch knapp drei Jahre lang Arbeitslosengeld I bezahlt bekam, wenn man ihn entließ. Bis die Betriebe in Deutschland wieder gelernt haben, dass auch ein 50-jähriger Ingenieur unverzichtbar ist, wird es wohl noch dauern. Aber die Politik sollte nicht wieder den Fehler machen, den Unternehmen den bequemen Weg zu ermöglichen.

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