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Meinung: Schiedsrichter mit Panzern

Thailands Militärputsch ist ein Beleg für die Schwäche der Demokratien in Südostasien

Urlauber werden wohl auch in Zukunft gerne nach Bangkok, Chiang Mai und Phuket reisen. Natürlich ist der Staatsstreich in Thailand beunruhigend. Doch eine fiese Dauer-Junta ist unwahrscheinlich. Den Putschisten ist zu glauben, wenn sie versichern, nur kurz an der Macht bleiben zu wollen. Denn abgesehen von den Generälen, die Thailands Nachbarland Birma schinden, haben Südostasiens Militärs verstanden, dass ihre Institution nicht das Zeug zum Regieren hat.

Auf den Philippinen stützten Generäle den Diktator Ferdinand Marcos. Sein Regime scheiterte 1986. In Indonesien schob sich General Suharto an die Staatsspitze. Auch wenn sein Militärregime 32 Jahre lang herrschte – es brach letztlich kläglich zusammen. In Thailand probierten Generäle seit 1947 oft ihr Glück – nie mit dauerhaftem Erfolg. Mit ihrem Scheitern verabschiedeten sich Militärs in allen drei Ländern von politischer Ambition. Die Streitkräfte ließen Demokratisierung zu, notgedrungen, aber immerhin. Indonesien ist auf dem besten Weg, dort sitzt ein direkt gewählter Präsident fest im Sattel. Thailand war knapp zehn Jahre lang ebenfalls auf gutem Kurs. Inmitten der asiatischen Finanzkrise hatte das Königreich 1997 die Kraft, eine moderne Verfassung zu verabschieden. Dass die darin verankerte Rechtsstaatlichkeit jüngst ausgerechnet von einem frei gewählten Ministerpräsidenten ausgehebelt wurde, ist tragisch. Thaksin Shinawatra gängelte die Medien, ließ Drogenhändler ohne Verfahren erschießen, bereicherte sich und versuchte, durch Verleumdungsklagen, Kritiker zur Strecke zu bringen. Zweidrittelmehrheit im Parlament, Besitz von Medienanstalten, persönlicher Reichtum – Thaksin nutzte seine zu große Macht schamlos.

All das rechtfertigt keinen Putsch. Starke Demokratien finden verfassungstreue Wege. Die stumme Akzeptanz des Coups durch die Opposition, die ihren Gegner Thaksin loswird, ist schlimm. Schließlich nennt die größte Oppositionsgruppe sich „Die Demokraten“. Das hatte die Partei leider bereits vor kurzem vergessen, als sie eine freie Neuwahl boykottierte.

Thailand liefert gerade den letzten Beweis dafür, dass es in Südostasien nur schwache Volksherrschaften gibt. Ausnahmezustand wegen angeblichem Putschversuch auf den Philippinen, Scheitern des Staates Osttimor mit Einmarsch von Auslandstruppen, Coup d’État in Thailand: seit Anfang des Jahres rollten in gleich drei demokratischen Ländern der Region Panzer durch die Hauptstädte. In einer vierten, in Jakarta, wurden im Privathaus eines Generals mehr als 500 Maschinengewehre und Pistolen entdeckt. Vielleicht wollte er sich nicht mehr lange anschauen, wie islamische Fundamentalisten in Indonesien die Volksherrschaft torpedieren?

Indonesien, Philippinen, Osttimor, Thailand – unter den elf Staaten Südostasiens gibt es nur diese vier Demokratien. Alle zeigen traurige Bananenrepublik-Merkmale. Bitter, aber wahr: nur die autoritär geführten Länder der Region sind stabil. In Singapur und Malaysia kontrollieren die Führungen Volk, Opposition und Presse. Vietnam und Laos sind kommunistisch. In Brunei regiert ein Sultan, in Kambodscha ein Premier, der sich wie ein Sultan aufführt. Und in Birma herrschen seit den 60er Jahren Generäle.

Südostasiens „demokratische“ Militärs in Dili, Manila und Jakarta bleiben Krisenschiedsrichter und Zünglein an der Waage – das ist jetzt auch in Thailand beim Sturz von Premier Thaksin so. Die Generäle wollen nicht mehr regieren, spielen sich aber gerne als Retter der Nation auf. Und mit jedem Eingreifen ist unausgesprochen die Drohung verbunden, auch in Zukunft wieder zu intervenieren, sollte den Herren in Uniform etwas missfallen.

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