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Meinung: Schlagzeile als Beschlussvorlage

DAS ANTI-PALMEN-GESETZ

2,7 Millionen Menschen bekommen in Deutschland Sozialhilfe. 959 von ihnen wohnen im Ausland und einer von ihnen genießt – jedenfalls nach Auffassung der zuständigen Ministerin Ulla Schmidt – auf Staatskosten ein Leben unter Palmen. Mit diesem Fall hat sich dieser Tage tatsächlich das rotgrüne Bundeskabinett befasst. Als Bürger kann man sich über solche politischen Prioritäten nur wundern. Sind der Regierung die wirklichen Reformthemen ausgegangen? Leiden die Minister etwa unter Langeweile? Oder lesen sie alle – einschließlich des Kanzlers – zu viel in der „Bild“? Wie sonst ist zu erklären, dass ein solches Null-Thema es bis hinauf ins wichtigste Entscheidungsgremium der Bundesrepublik Deutschland hat schaffen können. Man könnte das Ganze einfach abtun als billige Symbolpolitik, die Tatkraft suggerieren soll und harmlos-leeren Aktionismus produziert. Doch das greift zu kurz. Denn das aufwändig verkündete Anti-Palmen-Recht schürt gleichzeitig einen allgemeinen Missbrauchsverdacht gegenüber den Schwächsten der Gesellschaft. Auf diesen Effekt setzt die Regierung Schröder, weil sie glaubt, daraus politisch Kapital schlagen zu können. Dass die „Bild“ mit solchen Reflexen ihre Auflage steigert, ist mies genug – dass rot-grüne Politik hier eifrig mitmacht, ein Verfall der Sitten. M.G.

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