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Meinung: Schröders Frieden

Der deutsche Weg des Kanzlers führt in die Bedeutungslosigkeit

Von Hellmuth Karasek

Da hat Deutschland aber Glück gehabt, dass die nächste UN-Resolution zum Irak erst nach der Bundestagswahl fällig ist: nämlich jene, die den unabdingbaren Druck (wenn nicht... dann!) auf Saddams Angebot Inspektoren ins Land zu lassen, ausübt, ohne den Saddams Brief Papier bleibt – so viel wert wie die trüben Erfahrungen,die die Waffenkontrolleure mit dem Diktator in den Jahren nach dem Golfkrieg machten, bevor er sie vollends aus dem Land drängte und ekelte.

Denn nach der Wahl wird der Kanzler hoffentlich, so er denn wieder in sein Amt kommt, aufhören können, die Kriegsangst der Deutschen zu schüren und zu bedienen, auf Teufel komm raus, und dabei aus demagogischen und wahltaktischen Gründen die drei Kernstücke deutscher Außenpolitik, das Bündnis mit Amerika, den europäischen gemeinsamen Weg (anstelle eines lächerlich hybriden deutschen Sonderwegs) und die Bekämpfung des Terrors mit den Beschlüssen der UN, auf dem Markplatz unter dem Beifall eines billigen Anti-Amerikanismus zu zerdeppern.

Erinnern wir uns – es genügen ein paar Tage! Da warf der Kanzler ohne Not dem amerikanischen Präsidenten eine Politik der „Abenteuer“ vor, denen Deutschland nicht folgen werde. Und einmal als Marktschreier umjubelt, steigerte er sich zu der Erklärung, „unter meiner Kanzlerschaft“ werde es eine Beteiligung an kriegerischen Sanktionen gegen den Irak nicht geben, auch nicht, wenn der Weltsicherheitsrat sie beschließen würde. Deutschland stünde unter keiner Bedingung zur Verfügung.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Saddam Hussein nur einlenken würde, wenn er sich der ernsten Entschlossenheit Amerikas und seiner Verbündeten gegenüber sehe, opferte Schröder einer geradezu wahnwitzigen Überlebensstrategie als Kanzler: Egal, ob ich die Fundamente einreiße, auf denen ich meine Regierung bauen will, ich will weiterregieren! Er war isoliert in Europa, hatte Amerika ohne Not brüskiert – war von der vollmundig versprochenen „uneingeschränkten“ Solidarität in die radikale Aufkündigung jeder Kooperation mit Amerika geschliddert. Man muss sich das vorstellen: Schon wurden in der Koalition Wünsche laut, den Amerikanern die Benutzung ihrer Militärbasen in Deutschland zu untersagen, schon streute Müntefering, der unseligste Wahlhelfer des Kanzlers, wir würden uns auch finanziell jeglicher Hilfe verweigern, auch wenn Engländer, Franzosen, Spanier und Italiener mitmachen würden, auch wenn China und Russland eine Resolution gegen den Irak mittragen würden. Selbst dass Saudi-Arabien sich auf die Seite der USA schlug, irritierte den Marktschreier im Kanzler nicht.

Es verschlägt einem den Atem, wenn man sieht, wie der Kanzler, jetzt kleinlaut im Auftreten und ohne auch nur rot zu werden, verkündet, das Einknicken des Irak sei der Erfolg seiner „Ohne mich!“-Haltung. Umgekehrt wird ein Schuh draus! Für einen kurzatmigen Wahlkampf-Effekt hat Schröder nur bewiesen, dass wir uns in die Ecke der Bedeutungslosigkeit als Alleingänger manövriert haben – und das auch noch um den Preis, unsere wichtigsten Partner zu verärgern.

Es ist, als ob Mutlangen und Ströbele wieder den Geist der deutschen Politik ergriffen hätten: Wo doch die Welt weiß, dass Israels Auslöschung das erste Ziel Saddamscher Aufrüstungsanstrengungen ist und bleibt. Schröder hat die eigenen Solidaritätsschwüre zu Makulatur gemacht.

Und wenn Fischer, davor ein fast makellos fehlerfreier Außenminister, der die Ausfälle seines Kanzlers eher zähneknirschend ertrug und mit viel sagendem Schweigen kommentierte, jetzt etwas von einem Erfolg der „Geschlossenheit“ redet, wo doch die Deutschen als fast Einzige sich alles andere als „geschlossen“ zeigten, dann ist es schon besser, der Kanzler versucht es statt als Kriegsangstschürer als Scherzkeks: „Wählt der Doris ihrem Mann seine Partei!“

Amerika und die UN werden auch das ignorieren.

Hellmuth Karasek

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