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Schwarz-Gelb in Berlin: Bürgerliche Vernunft

Seit diesem Wochenende hat die regierende rot-rote Koalition in Berlin wieder ernstzunehmende Herausforderer.

Politik lebt von Zeichen. Dass Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Berlins Christdemokraten spricht, ist ein Zeichen des Aufbruchs. Vor Monaten, als die Partei wegen des Machtkampfs zwischen Friedbert Pflüger und Ingo Schmitt in Trümmern lag, schickte die CDU-Chefin nur den Generalsekretär, um den Parteifreunden streng die Leviten zu lesen. Der neue starke Mann Frank Henkel hat es vermocht, die Partei zu beruhigen; mit dem Präsidium als neuem Machtzentrum wird endlich auch die unsägliche Machtstruktur der Kreisfürsten zerschlagen, wo Intrigen und Rankünen weit mehr interessierten als das Ringen um ein attraktives Politikkonzept für Berlin. Nach der Selbstzerstörungsphase hat Henkel der Partei wieder Geschlossenheit vermittelt und das daniederliegende Selbstbewusstsein gestärkt.

Noch ein Zeichen – seit diesem Wochenende hat die regierende rot-rote Koalition in Berlin wieder ernstzunehmende Herausforderer. Hier die CDU, dort die FDP. Der Machtkampf der Liberalen beendet zwar abrupt die Karriere des bisherigen Landesvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Markus Löning, eröffnet aber zugleich einer Jamaika-Koalition reale Chancen. Mit dem Wechsel des bisherigen Fraktionschefs Martin Lindner in den Bundestag verliert die FDP einen gewieften Provokateur, der mit seinen zuweilen an der Beleidigungsgrenze entlangschrammenden Sprüchen die Partei im Gespräch hielt. Eine konstruktive Regierungsarbeit aber trauten Lindner nur wenige zu. Von seinen Polarisierungen fühlen sich zwar liberale Hardcore-Wähler angesprochen, doch nicht nur für den möglichen Koalitionspartner Die Grünen ist Lindner ein rotes Tuch.

Ruhiger, berechenbarer, zielorientierter – das sind die Zeichen, die von FDP und CDU ausgehen. Das klingt langweilig. Für die bürgerlichen Wähler Berlins, die sich in den vergangenen Jahren weder von der Chaostruppe CDU noch vom liberalen Selbstdarsteller Lindner vertreten fühlten, ist dies aber eine gute Nachricht. Ob die Zeichen in belastbare Konzepte münden und zusammen mit den Grünen Jamaika eine wählbare Alternative wird, muss sich bis 2011 noch erweisen.

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