zum Hauptinhalt
Zwei von trauriger Gestalt: Jürgen Trittin und Claudia Roth am Rande der Sondierungsgespräche zwischen Union und Grünen in der Parlamentarischen Gesellschaft. Die Grünen scheuen den Weg in Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU.

© dpa

Schwarz-Grün: Strategisch gescheitert

Von "bemerkenswerten Annäherungen" sprechen sie und von "Gemeinsamkeiten", trotzdem wollen die Grünen keine Koalitionsverhandlungen mit der Union. Eine Absage, die gravierende Folgen haben wird.

Es gibt für alles Gründe. Manchmal auch gute. Aber sind vor allem taktische Gründe gute Erklärungen dafür, dass man nach zwei Sondierungsgesprächen "Nein, danke" sagt?. Die Grünen sehen keine Grundlage für Schwarz-Grün. Gleichzeitig spricht beispielsweise Ko-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt von "bemerkenswerten" Annäherungen zwischen beiden Parteien in den Bereichen Staatsbürgerschaft und Flüchtlingspolitik. Überhaupt betonen beide Seiten, wie ernsthaft und konstruktiv die Gespräche gewesen seien. Dass es Bewegungen aber, klar, auch Differenzen gegeben habe. Ist nicht genau ein solches Ergebnis jene Grundlage, von der die Grünen nun sagen, dass es sie nicht gebe? Was sonst sollen Sondierungen bringen - konkrete Ergebnisse?

Die Frage ist jetzt, wie ernsthaft die Grünen überhaupt in diese Sondierungsgespräche gegangen sind. Offenbar hat man sich Schwarz-Grün gar nicht wirklich vorstellen können. Sonst hätte man nach diesem Abend sehr wohl zu der Erkenntnis kommen können, für Koalitionsgespräche oder zumindest für ein drittes Sondierungsgespräch reichen die Gemeinsamkeiten durchaus.

Die Grünen können sich nicht von der SPD lossagen

Die Grünen aber scheuen den Weg in etwa so sehr, wie die SPD den in ein rot-grün-rotes Bündnis. Seit Jahren wissen sie, dass sie sich nicht so fest an die SPD binden dürfen, wenn sie ernsthafte Machtoptionen (Plural) haben wollen. Was passiert, wenn man nur an einem Partner hängt, kann man bei der FDP beobachten.

Nun wagen sie den Schritt nicht - vor allem aus taktischen Gründen: Erstmal abwarten, ob Schwarz-Rot wirklich etwas wird, falls nicht, werden die Preise für Schwarz-Grün weiter steigen. Außerdem ist die neue Führung noch zu wenig sattelfest für ein solches Bündnis. Und die Gespräche haben gereicht, um auf Landesebene ein schwarz-grünes Bündnis wahrscheinlicher zu machen, demnächst vielleicht schon bald in Hessen. Taktisch mag das in Ordnung sein, eine langfristige Strategie ist das nicht.

Schwarz-Grün: Unüberbrückbar sind die Hindernisse nicht

Offiziell führen die Grünen inhaltliche Gründe dafür an, dass es nicht für Koalitionsgespräche langt - das Thema Steuererhöhungen beispielsweise. Jenes Thema, was ihnen die deftige Niederlage bei der Bundestagswahl mit eingebracht hat. Und dass der neue Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter ohnehin relativieren möchte. Die Energiepolitik. Klar da gibt es Differenzen, aber es ist ein Thema, was ohnehin auf Bund-Länder-Ebene gelöst werden muss, und bei dem ein großes Interesse an einer gemeinsamen Lösung in jedem Fall vorhanden wäre. Den wirklich großen Brocken aus früheren Zeiten, den Streit um die Atompolitik, gibt es so gar nicht mehr.

Für die Grünen ist die Absage an Koalitionsverhandlungen mit der Union das bittere Ende eines Höhenfluges der vergangenen Jahre: Von der Chance, neue Volkspartei zu werden, die an der 20-Prozent-Marke kratzte zur kleinsten Oppositionspartei im neuen Bundestag. Es ist auch die letzte missglückte Großtat des vormals starken Mannes Jürgen Trittin. Er hat seine Partei inhaltlich in die rot-grün-rote Ecke geführt, aus der sie jetzt nicht herausgefunden hat.

Diesmal nicht, aber vielleicht in vier Jahren, sagen die Grünen nun. Aber auch dann wird es taktische Gründe geben, die gegen ein Koalition sprechen, wahrscheinlich auch rechnerische. Egal wie, es braucht vor allem eines, um ein neues Bündnis einzugehen: Mut. Allerdings nicht den Mut der Verzweiflung. Und die könnte aufkommen, wenn sie merken, dass sie sich in einer Sackgasse befinden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false