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Meinung: „Sie könnten sich doch eine Million leisten“

Erst kommt der feste Händedruck. Beim nächsten Mal erkundigt er sich nach Frau und Kindern.

Erst kommt der feste Händedruck. Beim nächsten Mal erkundigt er sich nach Frau und Kindern. Dann wird man in den Millionärspalast mit den weißen Teppichen in Totteridge eingeladen. Essen im erlauchten Kreis am Marmortisch mit der Glasplatte und, wenn es gut läuft, ein Match auf dem Tennisplatz. Warum nicht, vielleicht kommt sogar Tony vorbei, der beste Freund des Hausherrn, bekannt als schlechter, aber leidenschaftlicher Tennisspieler.

Der Rest ist Routine. „Sie könnten sich doch eine Million leisten“, wird der Hausherr vielleicht sagen und der Gast wird, direkt vom Tennisplatz zum nächsten Geldautomaten gezerrt, wenn er nicht lieber das Scheckbuch zückt. So stellt man sich das jedenfalls vor. Denn der Spitzname des Gastgebers lautet: „Lord Cashpoint“. Michael Levy und Tony Blair lernten sich 1994 beim israelischen Botschafter kennen. Labours frisch gebackener Parteichef und der Selfmademan, der als Arbeiterkind in einer Einzimmerwohnung im armen Eastend aufwuchs, als Manager von Popstars wie Chris Rea und der Gruppe „Bad Manners“ Millionen verdiente und so viel für jüdische Wohltätigkeitsorganisationen tat. Auf dem Tennisplatz wurde die Männerfreundschaft besiegelt.

Alsbald machte sich Blair die Talente des Spendeneintreibers mit dem öligen Charme zunutze: Levy beschaffte Millionen für das Büro des Oppositionschefs und den Wahlkampf 1997. Blair wurde Premier, Levy wurde Lord. Er wurde, seltsam für einen so prominenten Juden, Blairs „persönlicher Nahostbotschafter“. Alles ehrenamtlich. Levy besorgte auch die erste große Spende für die neue Regierungspartei, die coole Million von Formel-1- Besitzer Ecclestone, die Blair auch gleich in Schwierigkeiten brachte.

Als die Spenden nach dem Irakkrieg spärlicher flossen und die Labourpartei 2005 statt einer vollen Wahlkampfkasse 11 Millionen Pfund Schulden hatte, kam „Lord Cashpoint“ scheuen Spendern entgegen. Sie gaben einfach nur Kredite, die mussten nicht ins Spendenregister eingetragen werden. Seltsam nur, dass so viele dieser Kreditgeber als Lords im Oberhaus oder wenigstens auf der Nominierungsliste endeten. Seit Monaten ermittelt die Polizei. Nun wurde Blairs bester Freund verhaftet. Im hellblauen Jaguar mit den weißen Ledersitzen musste der silberhaarige Lord vor der Polizeiwache Colindale vorfahren. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, betonte Levy. Doch alle fragen nun: Wird als nächstes Tony Blair verhört?

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