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Meinung: Sie werden nicht als Terroristen geboren

Die Kinder Palästinas brauchen dringend unsere Hilfe Von Prinzessin

Haja von Jordanien Ein Spaziergang durch die Straßen der Stadt Gaza kann heutzutage zu einer beängstigenden Erfahrung werden. Die Bewohner von Gaza bezeichnen ihre Stadt inzwischen als „Vorort der Hölle“. Die meisten Geschäfte stehen leer; ein öffentliches Leben findet längst nicht mehr statt. Die Strassen sind voller Schutt und Staub. Müllberge verbreiten einen stechenden und Übelkeit erregenden Gestank. 1,4 Millionen Menschen leben im Ausnahmezustand, mit wenig Aussicht auf baldige Besserung.

Politiker der Welt befinden sich nach der Wahl der Hamas, durch die anhaltende israelische Besetzung und die Folgen des Libanonkriegs in einer Sackgasse. Es ist nicht an mir, Ratschläge zu geben, wie der Friedensprozess wiederbelebt oder der derzeitige Waffenstillstand verlängert werden könnte. Was mir stattdessen am Herzen liegt, ist, auf die schreckliche Situation der palästinensischen Kinder aufmerksam zu machen. Wenn man einer ganzen Generation ihre Hoffnung raubt, kann es dann überraschen, dass einige von ihnen zu Extremisten werden?

Wie sieht die Realität eines Kindes aus, das in Palästina aufwächst? An erster Stelle steht – und das trifft besonders für Gaza zu – die ständige und durchdringende Angst; die Angst vor dem nächsten Schusswechsel und die Frage, wie schlimm wird es diesmal sein? Auch wenn keine Schüsse fallen, bleibt die Angst.

Not und Armut sind der Grund für den enormen Anstieg von Kriminalität und Gewalt; Entführungen sind an der Tagesordnung und zerstören den letzten Anschein eines normalen Lebens.

Im letzten Sommer konnten sich sieben von zehn Familien in Gaza nicht selbst mit ausreichend Nahrung versorgen – ein Anstieg um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die sich ständig verschärfenden Sicherheitsbestimmungen haben Gaza von zwei seiner Haupteinnahmequellen abgeschnitten – der Fischerei und der Landwirtschaft. Die Sperrung der Küste durch Israel bedeutete den Zusammenbruch der Fischereiindustrie. Nur eine von drei Familien hat ein regelmäßiges Einkommen und viele können sich nur eine Mahlzeit pro Tag leisten.

Das UN-Welternährungsprogramm (WFP) versorgt derzeit 600 000 Palästinenser in der Westbank und in Gaza mit Nahrungsmitteln. WFP hilft Olivenbauern und Fischern ihre Lebensgrundlage in einer Zeit zu erhalten, in der ihre Grundversorgung nicht länger gesichert ist. Dadurch sind zehntausende Familien in der Lage zu überleben. Die Situation ist trotz alledem unbefriedigend – und weder die Hilfe der WFP noch der UN-Agentur für palästinensische Flüchtlinge ist ausreichend finanziert. Im Moment müssen wir uns voll und ganz auf die Finanzierung der Hilfe konzentrieren.

Hilfe ist wichtig, aber nicht genug – denn sie kann den Palästinensern nicht das geben, was sie am meisten brauchen – Hoffnung.

Der Nahe Osten ist die Geburtsstätte der Hoffnung von drei Weltreligionen. Im Arabischen bezeichnen wir die Region als Mahbattal Addian, hier liegt die Wiege des Islam, des Judentums und des Christentums. Palästina ist für Muslime, Juden und Christen gleichermaßen heiliges Land und dies sollte eigentlich vereinen anstatt zu spalten.

Und doch ist keine Einigkeit in Sicht – und die Spaltung vollzieht sich weit über die Grenzen von Palästina hinaus. Politiker und Medien in Europa und Nordamerika beschränken ihre Darstellung meist auf islamistischen Terror – den modernen Krieger des Dschihad, den gefürchteten Terroristen, dessen Ziel es ist, die westliche Welt zu vernichten.

In der arabischen Welt dagegen wird der Blick auf die Kreuzzüge gerichtet, inklusive aller Stereotypen und des andauernden Diskurses um den „Kampf der Kulturen“. Dieser Konflikt wird in allererster Linie auf Kosten der palästinensischen Kinder ausgetragen. Wenn wir wirklich Frieden nach Palästina bringen wollen, sollten wir anfangen, diesen Kindern jetzt und mit vereinten Kräften zu helfen.

Die Autorin ist Botschafterin des UN-Welternährungsprogramms.

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