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Meinung: Sind so fremde Namen Von Gerd Appenzeller

Den Leser der jüngsten Nachrichten aus dem Untersuchungsausschuss des Bundestages beschleicht ein ungutes Gefühl. Die Vernehmungen des als Deutsch-Türken bezeichneten Murat Kurnaz und seines Anwaltes Bernhard Docke lassen wenig Zweifel: Der in Bremen geborene, in Deutschland aufgewachsene Mann saß nur deshalb jahrelang unschuldig im amerikanischen Gefangenenlager Guantánamo, weil deutsche Behörden ihn nicht in das Land seiner Geburt zurücklassen wollten.

Den Leser der jüngsten Nachrichten aus dem Untersuchungsausschuss des Bundestages beschleicht ein ungutes Gefühl. Die Vernehmungen des als Deutsch-Türken bezeichneten Murat Kurnaz und seines Anwaltes Bernhard Docke lassen wenig Zweifel: Der in Bremen geborene, in Deutschland aufgewachsene Mann saß nur deshalb jahrelang unschuldig im amerikanischen Gefangenenlager Guantánamo, weil deutsche Behörden ihn nicht in das Land seiner Geburt zurücklassen wollten. Die formale Begründung, es handele sich bei Kurnaz um einen türkischen Staatsbürger, ist blanker Zynismus. Immer mehr verdichtet sich zur Gewissheit, dass in der Ära der rot-grünen Koalition unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus Rechtsbruch keine Ausnahme war. Namen wie die des Deutsch-Libanesen al Masri, des Deutsch- Syrers Zammar und eben des Bremers Murat Kurnaz stehen dafür, dass die Umsicht deutscher Behörden geradezu skandalös nachlässt, wenn der Hilfesuchende nicht Müller oder Lehmann heißt. Was war das für ein Land, in dem zwar gerade im rot-grünen Umfeld über wünschenswerte doppelte Staatsbürgerschaften und eine offene Gesellschaft diskutiert wurde, in dem aber, wenn es um den Schutz des Bürgers vor Willkür ging, so ganz offenkundig mit zweierlei Maß gemessen wurde?

Dieser Heuchelei kaum nachgeordnet ist eine zweite. Die Regierung Schröder/Fischer hat zwar offiziell jede Unterstützung des amerikanisch geführten Krieges im Irak verweigert, in der Zusammenarbeit mit den USA aber grundlegende Menschenrechte wie vorübergehend zu vernachlässigende Nebensächlichkeiten behandelt. Wenn es sich nachweisen lässt, dass deutsche Ermittler, gar als Rotkreuzmitarbeiter getarnt, in Guantánamo Vernehmungen durchführten; wenn tatsächlich deutsche Spezialeinheiten in Afghanistan amerikanische Gefangenenlager bewacht haben – dann sind jetzt nicht nur strafrechtliche, dann sind politische Konsequenzen nötig. Wer all das toleriert, angeordnet oder beschwiegen haben sollte, ist in keinem Amt mehr haltbar.

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