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Meinung: Sind so kleine Sorgen

SPD und CDU verhandeln – nicht mit FDP und Grünen

Politik kann manchmal richtig gemein sein, so, wie das Leben auf dem Schulhof. Wenn die Großen etwas zu bereden haben, hören sie den Kleinen einfach nicht mehr zu oder schupsen sie weg. Gerade haben wir wieder so eine Situation. Der Kanzler hat seine Agenda 2010 und die Steuersenkungspläne auf den Weg gebracht. Um damit ans Ziel zu kommen, braucht er die Union, weil CDU und CSU im Bundesrat alles blockieren könnten. Zwar weiß die Meinungselite der C-Parteien noch nicht so genau, wie sie mit dem Thema umgehen soll. Roland Koch zum Beispiel hat prinzipiell andere Vorstellungen als Angela Merkel, Edmund Stoiber kann wegen der Landtagswahlen in Bayern nicht so poltern, wie er gerne möchte, und Friedrich Merz hält es, auch wieder prinzipiell, eher mit Koch als mit Merkel. Aber irgendwann werden sie sich geeinigt haben, untereinander und mit der SPD. Die Grünen und die FDP brauchen sie dazu nicht.

So laut würden die Großen das natürlich nicht sagen. Und die Kleinen würden es bestreiten. Einmal, weil sie – siehe Grüne – im Bund und unter anderem in NRW mit am Kabinettstisch sitzen. Oder weil sie – siehe FDP – in Stuttgart und Mainz mal die CDU, mal die SPD an den Ohren ziehen könnten. Aber richtig spannend ist es im Moment weder für die Liberalen noch für die Ökopartei. Also müssen beide versuchen, sich tangential den Themen zu nähern, auf die es ankommt. Guido Westerwelle hatte die vernünftige Idee, der Bundestag solle gefälligst den Sommer durcharbeiten und sich nicht acht Wochen auf die faule Haut legen. Und die Grünen mahnen Härtefallregelungen für allein Erziehende an, die durch Subventionskürzungen besonders betroffen wären. Auch das ist eines Applauses wert. Nur: Auf beide Ideen wären CDU/CSU und SPD vermutlich ohnedies gekommen. Um während der Sommerpause Gemeinsamkeiten auszuloten, braucht man die FDP gar nicht – was Guido Westerwelle natürlich weiß. Und an die Alleinerziehenden hätte die SPD schon gedacht, die sind schließlich eine sichere sozialdemokratische Wählerklientel.

Ärgerlich ist das für die beiden kleinen Parteien, weil sie am Ende des Reformweges doch wieder gefragt sind. Denn Union und SPD verständigen sich im Moment zwar in einer „großen Kooperation“, weil es sonst keine Reformen geben kann – aber eine große Koalition wird daraus nicht werden, weil weder CDU noch CSU ein Interesse daran haben können, die SPD durch eine solche Bluttransfusion wieder aufzupäppeln und sich selbst gleichzeitig zu schwächen.

Dann also, irgendwann im späten Herbst, wenn sie sich geeinigt haben, werden die beiden Großen wieder zu den beiden Kleinen zurückkehren und in Berlin, Düsseldorf, Mainz und Stuttgart einfach weiter machen, als sei nichts geschehen. Denn, nicht wahr, von so weit oben gesehen sind es ja eher kleine Sorgen, die die Grünen und die Liberalen drücken.

Gerd Appenzeller

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