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Berliner Ärzte: Sozialpolitik verordnet

Ein CDU-Senator, eine etablierte Standesorganisation und die selten spendierfreudigen Krankenkassen sind in Sachen sozialer Verantwortung einen Schritt weiter.

Wer hätte das gedacht! Ausgerechnet die Spitze der Kassenärztlichen Vereinigung, die einen Ruf als hartleibige Standesvertretung gepflegt hat, mutet ihrer eigenen Klientel aktive Sozialpolitik zu. In gut situierten Kiezen können Haus- und Kinderärzte keine Praxen mehr eröffnen, Umzüge sind nur noch in Bezirke möglich, in denen Ärzte fehlen, weil die Bewohner dort ärmer und kränker sind. Und ausgerechnet ein Senator der CDU hat diese bürgerliche Klientel davon überzeugt, dass sie ihre Praxen auch in Neukölln & Co. eröffnen sollte. Dabei hat Gesundheitssenator Mario Czaja kaum rechtliche Eingriffsmöglichkeiten gehabt, schließlich verwalten sich Kassenärzte seit Bestehen der Bundesrepublik samt weitreichender Befugnisse selbst, die Politik kann also nur öffentlich Druck erzeugen. Die Funktionäre der Kassenärzte, die zuletzt das Image von Fachfürsten nicht losgeworden sind, haben klug entschieden. Sicher, Patientenvertreter sind mit diesem Kompromiss unzufrieden. Doch der Trend zur besseren Verteilung lässt sich nur schwer aufhalten. Die Rufe danach, auch Fachärzte nur noch in schwierige Bezirke ziehen zu lassen, wird lauter werden.

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