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Spanien: Der Jäger und die Arbeitslosen

Der spanische König geht in Afrika auf die Jagd, während zuhause die Arbeitslosenzahlen steigen. Die Krise von König Juan Carlos spiegelt die Lage des gesamten Landes.

Die verunglückte Elefantensafari des spanischen Königs hat sich zu einer Staatsaffäre ausgewachsen. Es ist die schlimmste Krise der spanischen Monarchie, seit Juan Carlos 1975 die Krone aufsetzte und den Übergang Spaniens von der Diktatur zur Demokratie dirigierte. Eine Krise der Glaubwürdigkeit, deren Ende offen ist.

Dieser Absturz der höchsten Institutionen im Staate kommt zum schlechtesten Zeitpunkt: Die Finanzmärkte setzen erneut zum Angriff auf das schon länger wankende Schuldenland Spanien an, dessen Haushalts- und Wirtschaftpolitik ebenfalls viel Glaubwürdigkeit eingebüßt hat. Denn die konservative Regierung scheiterte mit dem Ziel, das Etatdefizit wie versprochen deutlich zu reduzieren. Auch die bitter notwendigen Reformen, die den kollabierten Arbeitsmarkt und die schrumpfende Wirtschaft wieder in Schwung bringen sollen, kommen nur sehr schleppend voran. Damit wächst die Sorge, dass auch für Spanien eine Rettungsoperation notwendig werden könnte. Viele Investoren gehen davon aus, dass die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Eurozone nicht ohne internationale Hilfe auskommen wird.

Und nun also noch zu allem Unglück ein desorientierter König, dem das Gespür für den Ernst der Lage abhanden kam. Es ist fast tragisch, mitanzusehen, wie sich der frühere junge und anerkannte „Bürgerkönig“ in einen gebrechlichen und vor allem eigensinnigen Monarchen verwandelte, der ganz offensichtlich den Kontakt zur Wirklichkeit verlor. Der schwere Unfall des Königs in Botswana brachte ans Tageslicht, dass Ihre Majestät sich auf Großwildjagden verlustiert, während sein Königreich die schlimmsten Tage der Finanz- und Wirtschaftsmisere durchmacht.

Das ist auch für die sonst so geduldige und leidensfähige spanische Nation unerträglich. Ein König, der seinen ums Überleben kämpfenden Untertanen, von denen schon Millionen ihren Job verloren und in die Armut rutschten, in den schwierigsten Stunden den Rücken zukehrt, hat sein Vertrauen verspielt.

Die edle Fassade des Palasts erweist sich inzwischen als ein schnöder Schein, das Ansehen der Königsfamilie sinkt immer tiefer. So tief, dass sich Spaniens Monarchie heute keineswegs mehr sicher sein kann, bei einer Volksbefragung noch die Zustimmung der Untertanen zu bekommen. Nur einer kann diesen Verfall der Glaubwürdigkeit vielleicht noch aufhalten: der 44-jährige Thronfolger Felipe, der gut auf seinen Job vorbereitet wurde und dessen Ruf noch weitgehend intakt ist. Die Frage ist nur, ob ihn sein schwächelnder und zunehmend starrköpfiger Vater Juan Carlos rechtzeitig zum Zuge kommen lässt. Und zwar bevor die Tage der spanischen Monarchie endgültig gezählt sind.

So gesehen wäre ein Nachdenken über die Abdankung zweifellos der beste Dienst, den Juan Carlos seinem Volk erweisen könnte. Der Schritt würde gleichzeitig den Beweis liefern, dass Spanien mit seinen Krisen angemessen umzugehen weiß – und vor einem Kurswechsel nicht zurückschreckt.

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