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Spanien: Nach der Blase

Völlig richtig: Spaniens Banken müssen gerettet werden. Aber die größeren Aufgaben kommen erst danach.

Vor ein paar Jahren noch galt Spanien als Musterland, von dem zu lernen war, wie Reformen zu Wachstum und Wohlstand führen. Es war die Zeit, als Deutschland als „kranker Mann Europas“ gesehen wurde. Inzwischen – das sei ohne Häme gesagt – liegen die Dinge anders: Spanien steckt tief in der Krise, und Deutschland steht vergleichsweise gut da.

Einbilden sollten sich die Deutschen darauf nichts. Denn der Kontrast zwischen damals und heute zeigt vor allem, wie flüchtig die allgemein verbreiteten Analysen sind. Es gab genug Warnungen, dass Spanien in einer Immobilienblase steckt – aber sie waren nicht opportun. Die aktuelle Notlage einer Reihe spanischer Banken ist die zwingende Folge falscher Lagebeurteilungen, die fahrlässig und auch mutwillig getroffen wurden. Das Schöne an so einer Blase ist ja, dass niemand verliert, solange die Preise steigen. Mitgemacht haben alle, die Politik in ihrer Lethargie genauso wie Banken in ganz Europa in ihrem Gewinnstreben.

Jetzt gilt es, die spanischen Banken zu stabilisieren, und Hochmut ist gänzlich fehl am Platz. Deutschland hat selbst Erfahrung mit solch beschämenden Rettungsaktionen gesammelt: Allein die Hypo Real Estate hat mehr Hilfen beansprucht, als die gesamte spanische Bankenbranche jetzt offenbar abrufen wird. Und der Rettungsfonds EFSF, der sich bislang um Griechenland, Irland und Portugal gekümmert hat, war stets auch für Spanien gedacht. Es war nur eine Frage der Zeit und des Volumens.

Die eigentliche Krise Spaniens liegt ohnehin nicht in den Bilanzen einiger Banken, sondern in der Notlage, in die sie viele Menschen treibt. Was soll aus einem Land werden, in dem jeder zweite Jugendliche keine Arbeit hat? Mit der Immobilienblase sind die Träume einer ganzen Generation zerplatzt. Kein staatliches Konjunkturprogramm kann das lösen – wie groß sollte es denn sein, und wer könnte es bezahlen? Nein, es gibt nur einen Weg: Die spanische Wirtschaft muss wettbewerbsfähig werden.

Und es ist in Spanien so wie in Griechenland: Der Weg zu mehr Wirtschaftskraft ist innerhalb der EU und Euro-Zone einfacher als außerhalb. Dass Spaniens Banken Hilfe brauchen und bekommen, ist ein Schritt auf dem Weg dahin – und sicherlich einer der kleineren. Doch nicht nur vor Spanien liegen enorme Anstrengungen. Wenn die Währungsgemeinschaft Bestand haben soll, muss sie näher zusammenrücken. Der Außenwert des Euro darf nicht daran hängen, wen die Griechen wählen oder ob Spanien überfällige Hilfe annimmt.

Das Vertrauen der Welt gewinnt die Euro-Zone allerdings erst zurück, wenn ihre Mitglieder glaubhaft machen, dass sie wirklich füreinander einstehen. Die Dominokette muss unterbrochen werden, das Signal muss so stark sein, dass es sich nicht lohnt, gegen Italien zu wetten. Viel Zeit bleibt dafür nicht. Denn auch die Lage in Deutschland ist längst nicht mehr so großartig, wie es noch scheinen mag. Die Wirtschaft wächst nur langsam, der Export geht sogar zurück. Doch nur aus einer Position relativer Stärke lässt sich die Währungsgemeinschaft gestalten.

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