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Ruanda-Urteil: Späte Strafe

Das Urteil des Ruanda-Tribunals ruft eines ins Gedächtnis: Es war ein Völkermord, dem sich die internationale Gemeinschaft hätte entgegenstellen können, es aber nicht wollte.

Ach, Ruanda, mögen manche fragen. War da was? Viele können sich kaum mehr erinnern an den Völkermord in dem ostafrikanischen Staat, der 1994 innerhalb von 100 Tagen mehr als 800 000 Hutu das Leben kostete. So lange ist das her, was Theoneste Bagosora und seine Helfer getan haben. Jetzt endlich ist das Urteil gefallen. Lebenslänglich soll der Schlächter von damals hinter Gitter. Sechs Jahre dauerte der Prozess. Doch der rundliche Herr im dunklen Anzug will trotz der Armada von Zeugen sein Unrecht noch immer nicht einsehen. Für die Überlebenden ist der Richterspruch zumindest eine späte Zuversicht, dass wenigstens im Falle des „Colonel Tod“ am Ende das siegt, was wir Gerechtigkeit nennen. Doch sollten die Gräuel von damals, die für einen Augenblick wieder in den Fokus der Weltöffentlichkeit geraten, auch für ein Nachdenken über die Gegenwart genutzt werden. 13 hochrangige Verdächtige dieses Genozids sind weiter auf der Flucht, gut 14 Jahre danach. Es war ein Völkermord, dem sich die internationale Gemeinschaft hätte entgegenstellen können, es aber nicht wollte. Wäre es heute nicht angemessen, an der einen oder anderen Ecke der Welt schärfer hinzusehen – und einzugreifen –, anstatt später jahrelang auf „Gerechtigkeit“ in einem Mammutprozess zu setzen?

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