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SPD: Aus den Fesseln

Klaus Wowereit gegen Kurt Beck: Das Nein zu Koalitionen mit der Linkspartei ist falsch.

Kurt Beck hat viel öffentliche Kritik auf sich gezogen; er hat aber nur einen einzigen wirklichen politischen Fehler gemacht. Das war die frühe Festlegung auf die Absage an Koalitionen mit der Linken im Bund und im Westen. Auch Klaus Wowereit, Chef einer rot-roten Koalition, wird es für unvorstellbar halten, die Linke könnte 2009 in der Bundesregierung sitzen. Die Linke ist schon wegen ihrer außenpolitischen Positionen nicht regierungsfähig. Diese Festlegung ist richtig. Aber unterhalb dieser Schwelle ist die Beck’sche Abgrenzungsformel eine Selbstfesselung der SPD.

Der Antrag an den Berliner Landesparteitag gegen „voreilige Abgrenzungen“ zeigt an, wie dieser Stoff die SPD bewegt. Ohnehin ist der Berliner Senat der tägliche Beweis für die geringe Belastbarkeit der Abgrenzungsformel. Ist Berlin etwa ostdeutsch? Offensichtlich nicht ganz – aber hier gibt es eine rot-rote Koalition. Sie arbeitet gar nicht schlecht, und Beck hat sie befürwortet. Heiko Maas, Landeschef der Saarland-SPD, steht vor einem Wahlkampf im Schatten der Festlegung von Beck. Maas contra den eigenen Parteivorsitzenden? Allein das ist für jeden Wahlkämpfer ein Albtraum, ganz unabhängig davon, ob und was mit der Linken einmal gehen könnte oder nicht.

Die Frage aber steht nun einmal auf der Tagesordnung. Die Linke hat sich gegründet. Welchen Einfluss sie im Westen entwickeln kann, ist offen. In jeder Hinsicht: Niemand kann heute sagen, ob sie im Westen sektenhaft verkümmert oder zu einer politischen Kraft wird, die Wähler binden kann.

Aber sie ist nun einmal dort anzutreffen, wo Sozialdemokraten außerhalb von Parlamenten und Regierungen politisch arbeiten. In Betrieben, Gewerkschaftsversammlungen, bei den Treffen der Globalisierungskritiker, an den Universitäten. Ein SPD-Mitglied kann sich nicht „abgrenzen“ von einem Kollegen mit Sympathie für die Linke. Und Jusos oder sozialdemokratische Feministinnen können sich nicht von den Linken distanzieren, in Projekten oder Bündnissen, die für eine neue Ganztagsschule oder eine vernünftige kommunale Verkehrspolitik arbeiten.

Das will natürlich auch Kurt Beck nicht. Aber in solchen Zusammenhängen wirkt die offizielle Abgrenzung ausgrenzend – in Richtung SPD. Diese Lektion hat die SPD im Entstehungsprozess der Grünen gelernt. Die Ignoranz von Helmut Schmidt gegenüber der neuen Kraft hat den Preis für die SPD erheblich in die Höhe getrieben. Wer sich von vornherein abgrenzt, der will sich nicht ernsthaft auseinandersetzen – so hören aktive und engagierte Zeitgenossen, vor allem die jungen, die Absage der SPD. Sie ist plausibel für die Bundespolitik, weil sie in einer konkreten Sache begründet ist. Aber kein Landtag schickt Soldaten in die Welt.

Becks Formel wird keine Landeskoalition verhindern, wenn eine Landes-SPD sie machen kann und wirklich will. Sie behindert nur, was im hochgradigen Eigeninteresse der SPD liegt: eine ernsthafte politische Auseinandersetzung mit den demagogischen Versprechen der Lafontaine-Partei.

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