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Meinung: Staatsanwälte drängt man nicht

Von Jost Müller-Neuhof

Niemand, der Macht hat, teilt sie gerne. Doch das verlangt die Demokratie von den Mächtigen. Wie schwierig es mitunter ist, dieses Gebot zu respektieren, zeigt der Streit um die Ermittlungen zum Berliner TempodromSkandal. Die Justizverwaltung hat den ermittelnden Beamten genau aufgeschrieben, was sie zu ermitteln haben in Sachen Strieder, Sarrazin und Co., und siehe da: Es bleibt fast nichts übrig. Das stinkt!, meint man, im System staatlicher Gewaltenteilung geht es jedoch nicht der Nase nach.

Es gibt einen Widerspruch, der kaum aufzulösen ist und der zwangsläufig zu Fällen wie dem in Berlin führt. Staatsanwälte gehören zwar zur Justiz, aber sie sind nicht unabhängig. Das sind nur die Richter. Also muss es jemanden geben, der für ihr Tun verantwortlich ist, auch gegenüber dem Souverän, dem Parlament. Das sind die Minister oder Senatoren. Wie aber sollen diese sich für etwas verantworten können, ohne das Geschehen zu kennen, für das sie verantwortlich sind?

Das ist die Crux an der Forderung, Staatsanwaltschaft und Justizverwaltungen strikter zu trennen, wie sie seit dem Fall von Baden-Württembergs Justizministerin wieder laut geworden ist. Andererseits stecken die Ressortchefs wie Berlins Senatorin Schubert nach geltendem Recht im Dilemma: Es kommt vor, dass Staatsanwälte Fehler machen. Weist man sie darauf hin, wird es als Einflussnahme ausgelegt, lässt man es, verletzt man seine Aufsichtspflicht. Ob es im Tempodrom-Fall so ist, muss offen bleiben. Prozesse um Haushaltsuntreue sind juristisch so kalkulierbar wie ein Lottospiel – was es leider umso leichter macht, sie politisch zu instrumentalisieren.

Nein, der Fehler steckt im System. Wenn man ihn beseitigt, begeht man einen neuen, denn Staatsanwälte sollten nicht Richter spielen. Es hilft daher wenig, an Paragrafen herumzudoktern. Nötig ist kein neues Gesetz für die Arbeit der Justiz, sondern ein Gespür für sie. Das lassen viele Politiker vermissen. Ein Brandenburger Ex-Justizminister etwa, als er einer Richterin via Büroleiter seine Meinung einflüsterte, ebenso wie der dort amtierende Innenminister, als er einen Parteifreund von Ermittlungen informierte, oder die frühere Stuttgarter Justizministerin, die gehen musste, weil sie Gleiches tat. Frau Schubert fällt nicht in diese Kategorie. Aber ihre Hinweise hätte sie sich sparen können, die kannten die Ermittler schon – von der Verteidigung.

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