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Hochhausviertel am Zoo. Diese Simulation zeigt den Blick aus Höhe des 17. Juni. Zur Orientierung: die Grünfläche links ist der Zoo, die Straße rechts mit der Baumreihe ist die Fasanenstraße.

© Simulation: promo/Kleihues

Stadtumbau: Freiheit für die City West!

Der Ku’damm erblüht, das Waldorf-Astoria strahlt – aber der neue städtebauliche Gründergeist fordert jetzt politischen Mut. Am Rand des Tiergartens könnte ein Hochhausquartier das West-Zentrum krönen. TU und Zoo sollten dafür Platz machen.

Alle kommen in Berlin immer erst, wenn die Hütte brennt. Bei Partys gehört sich das so – aber wenn es um die Pläne für die Zukunft der Stadt geht, empört das nur. Dass eine quietschrosafarbene Betonwurst am Alex abgeworfen wurde, fiel dem Regierenden Bürgermeister erst auf, als Klaus Wowereit dem benachbarten Haus des Lehrers aufs Dach stieg. Da lag ihm das „Alexa“ schon fertig zu Füßen. Erstaunlich, dass er über ein Projekt erschrak, das die eigenen Leute verbockten – zumal der rosa Riese nicht weit vom Roten Rathaus steht. Aber gibt es da nicht eine Senatsbaudirektorin?

Richtig, Regula Lüscher, Architektin aus der Schweiz, war in ähnlicher Funktion schon für die Stadt Zürich tätig. Berlin ist eine Nummer größer – und man kann den Eindruck bekommen, dass deshalb meistens andere etwas anstoßen, das irgendwann mal auf Lüschers Agenda steht. Andererseits schafft die Verwaltung, der Lüscher erst seit 2007 vorsteht, auch schnell mal Fakten in Beton, die Befremden und Proteste auslösen. Das Hotel Meininger am Hauptbahnhof ist so ein Fall, an den Ufern der Mediaspree war das so, und auch im historischen Zentrum.

Das muss jetzt anders laufen, in der City West. Die jüngst vorgelegten Pläne für ein „Quartier am Zoo“ sind zwar nicht ganz neu – vielversprechend sind sie dennoch: Der verstorbene Josef Paul Kleihues hatte einst Lüschers Vorgänger Hans Stimmann in Rage versetzt, als er hinter dem Bahnhof Zoo einen provokant in den Himmel ragenden Turm im Zentrum eines neuen Geschäftsviertels vorschlug. Aber wer zu früh kommt, den bestraft das Leben. Diese Erkenntnis mag Kleihues’ Sohn Jan dazu bewogen haben, die Pläne seines Vaters und des früheren Bundesbaumanagers Florian Mausbach zu überarbeiten. Und bei der Wiedervorlage stimmt das Timing. Es steht schon ein Turm am Zoo für das Luxushotel Waldorf-Astoria. Daneben ist das „Upper West“-Hochhaus in Bau: ebenfalls fast 120 Meter hoch. Und südlich vom Bahnhof Zoo sind die Tage der maroden Häuserzeile mit Wurstbuden und Sexkaufhaus gezählt: Sie steht zum Verkauf – Abriss und Neubau stehen bald an.

Let’s go West! erschallt der Ruf – und ihm folgt auch die C/O-Galerie, die das Postfuhramt an der Oranienburger Straße verlässt und ins Amerika-Haus an der Hardenbergstraße zieht. Das Helmut-Newton-Museum öffnete bereits in einem benachbarten Altbau an der Jebenstraße, wo einst Christiane F. Drogenkarriere machte. Nach gut einem Jahrzehnt Aufbau Ost schlägt das Pendel zurück: Der Ku’damm erblüht, Haus Cumberland strahlt in neuem Glanz. Neu entdeckt ist der Charme der Gründerzeitquartiere rund um den Savigny-Platz , selbst 60er-Jahre-Phantasmagorien wie das Europa-Center passen wieder ins Bild. Deshalb schreit die Brache, die nach der Riesenrad-Pleite zwischen Zoologischem Garten, Bahnhof und Landwehrkanal klafft, nach einem großen Wurf. Hier wäre Platz für ein neues Geschäfts- und Wohnquartier (800 Wohnungen) mit einem neuen, überragenden Wahrzeichen im Zentrum.

Wer sich da heranwagt, muss Mut mitbringen. Und in größeren gesamtstädtischen Dimensionen denken. Die Technische Universität, die jetzt den drohenden Verlust von Raum zur Erweiterung beklagt, sollte den Quantensprung wagen – und ihren mittelfristigen Umzug nach Tegel einleiten. Auf dem dann stillgelegten Flughafenareal kann die TU wachsen und der geplante Technologiepark zünden – so wie vor zehn Jahren die technischen Zweige der Humboldt-Universität als Pioniere nach Adlershof zogen und dort im Bündnis mit privaten Firmen und Forschern den blühenden Wissenschaftspark schufen.

Und auch für eine Öffnung des Tiergartens zur City West, wie sie zuvor schon das Architekturbüro Graft vorschlug, ist eine Chance – wenn sich der Zoologische Garten aus seiner beengten Lage befreien und seine Perspektiven in der Fusion mit dem Tierpark in Friedrichsfelde erkennen würde. Dort nämlich wäre genug Platz für ein Zookonzept mit artgerechter Haltung und zeitgemäßer Präsentation. Am Traditionsstandort Tiergarten reicht neben dem Aquarium ein zoologisches „Schaufenster“ mit einem Shuttle-Service zum Erlebnispark Friedrichsfelde.

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