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Bundeskanzler Olaf Scholz

© Foto: Imago/Rainer Droese

Streit um AKW-Laufzeiten: Das Machtwort des Kanzlers ist richtig – und riskant

Wer Führung bei ihm bestellt, bekommt sie auch. So hat es Olaf Scholz einmal gesagt, und so handelt er auch beim Thema Atomkraftwerke.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Entscheidung zu den Atomkraftwerken ist da, und es war seit dem Wochenende klar, dass nur einer sie fällen konnte: der Bundeskanzler. Nicht allein wegen der Geschäftsordnung des Kabinetts, aber auch; denn die sieht dem Sinne nach vor, dass, wenn zwei sich nicht einigen können, der eine, der an der Spitze, das übernimmt.

Olaf Scholz hat es übernommen, weil es seines Amtes ist. Und weil es ihm liegt.

Wer Führung bei ihm bestellt, bekommt sie auch. So hat er es einmal gesagt, und so handelt er. Früher oder später. Meist eher später. Und wie die Grünen Führung bestellt haben: Ihr Parteitagsbeschluss vom Wochenende wirkte so, als ob sie nachgerade danach betteln würden.

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Die Habecks und Baerbocks versuchen ja wirklich alles, die Partei auf Pragmatismus und Realitätsbezug zu trimmen; ob zu Atomkraftwerken, Kohlekraftwerken oder Waffenlieferungen.

Scholz hat eine sachgerechte Lösung angeboten

Diese wilden Zeiten erfordern das, das Verhalten von Wladimir „dem Schrecklichen“ Putin sowieso. Dessen Energieerpressung nachzugeben, verbietet sich, sonst fällt der Westen auseinander. Wer will diese Schuld auf sich nehmen?

Also, das alles sehend, um die Verantwortung seiner Minister wissend, konnte sich der Kanzler auf die Situation vorbereiten. Und die hat er, ja doch, umgehend gemeistert. Er hat kurzerhand die Richtlinienkompetenz herangezogen und eine schlicht sachgerechte Lösung angeboten.

Die verbliebenen drei Atomkraftwerke bleiben am Netz, bis der Winter überstanden ist. Das ist etwas, was die Grünen an der Spitze, außerdem eingebunden in die Disziplin des Kabinetts, nicht allein mittragen können, sondern auch müssen. Eben weil er, der Kanzler, das so will.

Das ist Führung, politisch gedacht: neben allem auch noch auf das bezogen, was die Partner möglich machen können, ohne sich in ihren Parteien unmöglich zu machen. Wem wäre auch damit gedient? Nicht der Koalition, nicht der Republik.

Und was sollen die Grünen, aber auch die FDP, die mehr wollte, eine längere Laufzeit, da machen? Nichts. Es kann viele Vizekanzler geben, aber nur einen Kanzler. Wenn der das Wort nimmt, sagen wir: seine Art Machtwort spricht, dann müssen die Koalitionäre das Haupt beugen – oder sich zurückziehen. Will heißen: das Bündnis verlassen.

War das wahrscheinlich? Nein. Die Koalitionäre wollen regieren, allen Krisen zum Trotz. Die Wirklichkeit allerdings erzwingt Realismus, und wer das nicht anerkennt, scheitert. An den Ereignissen, aber auch in den Augen der Bevölkerung. Die Prognose ist nicht zu gewagt, dass bis zu 80 Prozent der Wähler:innen hinter der Entscheidung von Scholz stehen.

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Noch dazu ist Versorgungssicherheit keine papierne Chiffre – sie ist ein lebendiger Anspruch. Wer in der Verfassung sucht, wird das wiederfinden. Und wer sich den Amtseid des Kanzlers noch einmal vergegenwärtigt, weiß, dass der gar nicht anders konnte – er ist verpflichtet, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Scholz hat das geschworen.

Aber er hat sich eben auch geschworen, das Amt erfolgreich auszuführen. Scholz ist kein großer Rhetor, kein Volkstribun, kein Staatsschauspieler. Er bleibt sich auch in Krisen treu.

Dieser Kanzler kann warten. Er wartet auf die von ihm errechnete Gelegenheit. Berechnung ist seine Gabe. Und er kann aushalten, dafür gescholten zu werden. Weil er von sich überzeugt ist. Weil er vor allem ein exekutiver Politiker ist, weniger ein parlamentarischer. Dass man sich das anders wünschen kann, ist klar. Aber er ist ja auch erst ein Jahr in diesem Amt. Demut kommt nach dieser Krise.

In der ist jetzt jedenfalls mal sehr schnell klar geworden, wer Koch ist und wer Kellner. Das war das Bild, das die rot-grüne Koalition von 1998 an bestimmt hat. Olaf Scholz hat sie aus der Nähe erlebt. Jetzt erleben die Grünen, und nicht nur die, diesen Scholz im Amt des Kanzlers. Von denen wird gerade keiner sagen, dass ihm das nicht liegt. Ob er aber ihnen in der Koalition auf Dauer liegt, ist noch längst nicht ausgemacht.

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