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Papst Benedikt XVI. geht gegen das Satiremagazin "Titanic" vor.

© dpa

"Titanic" vs Benedikt XVI.: Der peinliche Papst

Die Papst-Titelseite der "Titanic" ist eine sorgfältig komponierte politisch-gesellschaftliche Satire. Die Gerichte stehen nun vor der Frage, wie sie darüber entscheiden sollen. Hierauf gibt es eine deutliche Antwort: Gegen den Papst selbstverständlich.

Das Recht ist für die Schwachen da, heißt es aus gutem Grund, nun bekennt sich dazu auch der angeblich fehlerfreie Papst. Er schickt den Medienanwalt von Ex-Bundespräsident Wulff los und lässt das Cover der Satirezeitschrift „Titanic“ verbieten, das Benedikt mit gelben und braunen Flecken auf der Soutane zeigt und jubiliert, im Vatikan sei die undichte Stelle gefunden.

Juristisch ein klarer Fall, nämlich ein Einzelfall. Soll heißen: Wer zum Ausgang eine Prognose abgibt, rätselt nur. Feste Regeln gibt es keine. Klar ist, das Bundesverfassungsgericht hält die Kunst- und Meinungsfreiheit so hoch wie die Religionsfreiheit, die mit dem Sachverhalt aber wenig zu tun hat. Eine andere Frage ist, wie die Gerichte entscheiden sollten. Hierauf gibt es eine deutlichere Antwort. Gegen den Papst, selbstverständlich.

Bildergalerie: Die "Titanic" gegen den Rest der Welt

Entgegen verbreiteter Meinung, der Pipi-Papst sei eine so billige wie verbotswürdige Schmähung, handelt es sich darum gerade nicht. Es ist sorgfältig komponierte politisch-gesellschaftliche Satire. Vom Papst weiß man – und es wird vielfach kritisiert –, dass er den Vatileaks-Skandal nicht in den Griff zu bekommen scheint. Mancher schiebt das seiner mit dem Alter wachsenden Weltferne zu. Die „Titanic“ illustriert das, zugegeben naheliegenderweise, als Inkontinenzproblem. Die Aussage ist: Da ist einer zu alt, um die Dinge noch angemessen zu regeln. Ob das witzig und/oder originell ist, mag jeder für sich entscheiden, eine Satire lege artis – durch Verzerrung und Übertreibung auf den Punkt zu kommen – ist es auf jeden Fall. Dass Fäkalienwitze immer gleichbedeutend sein müssen mit der Überschreitung des Zumutbaren, ist ein Klischee. Dann müsste auch Martin Luther unzumutbar gewesen sein. Und der rheinische Karneval wäre es ohnehin.

Der „Titanic“-Witz geht noch einen Schritt weiter. Hatte „Bild“ nicht noch zum Amtsantritt Benedikts auf seiner Titelseite gejubelt: „Wir sind Papst“? Nun ist der Papst wieder auf einem Titel, diesmal in einer Pose, in der sich niemand mehr mit ihm identifizieren möchte. Es ist auch dieser schweigend vollzogene Bruch in der Massenmeinung, mit dem das Cover seine ironischen Spielchen spielt. Der Papst ist in Deutschland längst nicht mehr so populär wie einst. Vielen wird er peinlich. „Titanic“ spricht es aus. Wer sich darüber empört, empört sich über den Narren, der die Wahrheit sagt, wenn sie noch keiner hören will.

Keinem Journalisten ist es verboten, die Kirche zu kritisieren. Schon gar nicht den Papst, der im Namen seiner Religion gerne austeilt. Er muss auch einstecken können. Benedikt kann es nicht mehr, er ist zu schwach, die „Titanic“ wird weiter auf ihm rumhacken und am Ende stellt sich angesichts des Rechtsstreits die Frage, ob die auf dem Cover angezeigten undichten Stellen die einzigen sind, die hier aufzufinden waren.

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