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Meinung: Und nun ein Nickerchen

Von Moritz Döbler

Vielleicht erinnern Sie sich: Der Arbeitstag begann in Deutschlands Büros und Werkhallen mit einer Frühstückspause, dann schielte man auf die Uhr, bis endlich Mittag gemacht werden konnte. Stundenlang schallte es „Mahlzeit“ durch die Gänge der Betriebe. Und dann war schon bald der Feierabend in Reichweite. Nachmittags gegen drei, vier Uhr konnte man nichts Neues mehr anfangen, denn um Punkt fünf war Schluss.

Die Zeiten sind für fast alle von uns vorbei. Doch was im Kleinen nicht mehr geht, sollte im Großen erst recht nicht möglich sein. Gemeint sind Bundesregierung und Opposition. Die Legislaturperiode ist gerade mal halb vorbei. Die Reformen am Arbeitsmarkt sind umgesetzt. In Ordnung, man wird sehen, ob sie greifen. Aber es ist eben erst Anfang 2005, gewählt wird erst Ende 2006, und trotzdem kommen die nötigen weiteren Reformen nicht in Gang. Dass die Pflegeversicherung und ihre desolate Finanzierung vor der Wahl reformiert wird, ist unwahrscheinlich. Nach der Sommerpause will RotGrün entscheiden, wie es weitergeht. Es kommen Debatten auf uns zu, vielleicht Grundsatzbeschlüsse – aber umgesetzt wird wohl erst nach der Wahl.

Auch dass die Rentenfinanzierung vorher auf solide Beine gestellt wird, ist kaum zu erwarten – denn die wohl notwendige Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters will man dem Wähler nicht zumuten. Und beim dicksten Reformbrett wird es ebenso schwierig: Die föderale Struktur in Deutschland ist verkrustet, SPD-Chef Müntefering und Bayerns Ministerpräsident Stoiber konnten aber keine Einigung erzielen, und nun sehen die Herren mit Blick auf die Wahl nur noch ein Zeitfenster von höchstens einigen Monaten. Bleibt es dabei, ist auch eine Bildungsreform auf Jahre blockiert. Dabei sehen sie alle Parteien gleichermaßen als die zentrale Aufgabe, um den Standort Deutschland in die Zukunft zu retten.

Schlimmer noch: Die Meinungsumfragen zeigen, dass es bei den knappen Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat bleiben könnte. Weder Kanzler Schröder noch CDU-Chefin Merkel hätten im Moment eindeutige Mehrheiten hinter sich, um entschlossene Reformpolitik durchsetzen zu können. Prost Mahlzeit.

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