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Angela Merkel darf erst einmal lächeln. Aber was der Krisengipfel wirklich gebracht, wird sich noch zeigen.

© Reuters

Die Schuldenkrise: Unterwegs nach Europa

Das tut gut. Endlich mehr Klarheit, endlich mehr Sicherheit, endlich das Gefühl, dass ein Problem angepackt wird. Vielleicht sogar an der Wurzel, wie Angela Merkel verspricht. Aber stimmt das wirklich?

Die Akteure auf den Finanz- und Kapitalmärkten wollten das jedenfalls so glauben: Als am Donnerstagnachmittag erste Details der neuen Hilfen für Griechenland durchsickerten, gingen die Kurse von Aktien und Devisen nach oben. Der Euro legte gegenüber dem Dollar um drei Cent zu – ein spontaner Vertrauensbeweis für die Europäische Währungsunion. Und doch auch nur ein Vertrauensvorschuss. Denn ob der Gipfel langfristig wirkt, weiß niemand. Die Märkte werden in den nächsten Wochen und Monaten beurteilen, was die Beschlüsse von Brüssel taugen.

Offenkundig haben die 17 Euro-Staatschefs und die Europäische Zentralbank den Ernst der Lage erkannt; offensichtlich war das Bemühen, die Selbstblockade zu überwinden, indem auch Tabus gebrochen wurden. Dazu gehört der Rückkauf von griechischen Anleihen auch durch den Europäischen Rettungsfonds EFSF. Das kommt einer Teilentschuldung gleich, wie sie die deutsche Regierung lange ablehnte. Aber der Schritt ist alternativlos, denn die Schulden machen Griechenland kaputt. Gut ein Jahr nach den ersten Hilfsversuchen ist die Wirkungsschwäche der bisherigen Maßnahmen längst belegt. Jetzt muss tiefer gegriffen werden. Gegebenenfalls auch in die Taschen der Eurobürger, sofern der EFSF mehr Mittel braucht, mit denen den Griechen Schulden abgekauft werden.

Und gegriffen wird auch in die Depots der privaten Gläubiger, der Banken und Versicherungen und überhaupt der Investoren, die hohe Zinsen für griechische Anleihen kassieren und keine Angst vor einem Ausfall ihres Investments haben mussten. Diese privaten Geldgeber sollen jetzt auch helfen. Zum Beispiel, indem kurzfristige Anleihen in langfristige getauscht werden. Merkel und Nicolas Sarkozy verkündeten stolz den Beitrag der Privaten, knapp 50 Milliarden Euro für die nächsten drei oder 135 Milliarden für die nächsten 30 Jahre. Tolle Sache, das finden die Wähler gut. Aber wie wird diese freiwillige Selbstverpflichtung umgesetzt? Und wenn dann die Ratingagenturen wegen des Teilausfalls von Krediten die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands erklären, müssen griechische Banken gerettet werden. Schätzungsweise 20 Milliarden Euro sind dafür erforderlich. Ein weiterer Brocken für den EFSF.

Richtig ist auch, wenn die Griechen sowie die Iren und Portugiesen künftig weniger Zinsen zahlen für die EFSF-Kredite. Die reichen Länder müssen nicht noch Profit machen mit der Not der Armen. Und auch die grundsätzliche Verlängerung der Hilfskredite ist plausibel, denn die Griechen werden sehr viele Jahre brauchen, um sich aus dem Schlamassel zu befreien – und das auch nur schaffen mit Hilfe der Partner und Freunde in der EU und in der Währungsunion, die sich endlich mit einem Wiederaufbauplan befassen. Auch das kostet Geld.

Muss das alles wirklich sein? Ja. Die Währungsunion ist Opfer wert, vor allem für uns Deutsche, die wir unseren Wohlstand den Exporterfolgen verdanken, dem Miteinander in Europa, der Abwesenheit von Wechselkursschwankungen. Allerdings war die bisherige Zusammenarbeit unzureichend. Auch der Stabilitätspakt hat die fehlende Koordination von Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht ersetzen können. Da geht Europas Weg hin. Und dafür sollte der Brüsseler Schadenbegrenzungsgipfel ein erster Schritt sein.

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