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Meinung: Unverhüllt

DAS KOPFTUCH DER FRAU DES PARLAMENTSPRÄSIDENTEN

Es war ein Affront, der prompt Protest auslöste. Beim ersten Auftritt in Vertretung des Staatspräsidenten erschien der neue Parlamentspräsident Bülent Arinc mit seiner Frau – die ein Kopftuch trug. Das ist in türkischen Ämtern und Universitäten verboten, das Kopftuch gilt als Symbol gegen den säkularen Staat. So nährt der Auftritt die Befürchtungen, dass die religiöskonservative AKP nach dem Wahlsieg ihre fundamentalistischen Farben zeigt. Parteichef Erdogan und Ministerpräsident Gül haben solche Auftritte sorgfältig vermieden und ihre Ehefrauen zu Hause gelassen. So kann es natürlich nicht weitergehen – weder für Frau Erdogan und Frau Gül noch für die 25 Millionen anderen türkischen Frauen, die Kopftuch tragen. Das vom Militär diktierte Verbot trägt zum Ausschluss der türkischen Frauen von der Politik bei. Die Auflehnung dagegen kann rückwärtsgewandt sein, aber sie ist zugleich ein Teil der nötigen Demokratisierung. Dazu gehören neben Kleidungsfreiheit auch Bildung und politische Vertretung – etwa im Parlament, das türkische Frauen mit traditionellen Vorstellungen von Sitte und Anstand nicht einmal betreten dürfen. Die erklärte Absicht der AKP, das Kopftuchverbot abzuschaffen, ist nicht zwingend anti-laizistisch oder gar fundamentalistisch. Die AKP sagt, sie suche dafür einen demokratischen Konsens – den freilich hat der Auftritt der stellvertretenden First Lady nicht gefördert.güs

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