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USA und Russland: China, China, China

Warum die Amerikaner und Russen einen Neustart ihrer Beziehungen versuchen.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Dass dieser schlichte Spruch nach wie vor Gültigkeit hat, führten US-Außenministerin Hillary Clinton und ihre russischen Gastgeber gerade in Moskau vor. Die Konsultationen, sagt Dmtri Medwedew, hätten gezeigt, dass beide Seiten gewillt sind, auch auf sehr komplizierte Fragen Antworten zu finden.

In der Tat: Der von beiden Präsidenten vereinbarte Neustart ihrer Beziehungen greift. Zwar klaffen zu Georgien und dem Status von dessen abtrünnigen Autonomien nach wie vor Welten zwischen den Positionen Moskaus und Washingtons. Doch bei den meisten anderen Dauerbrennern der internationalen Politik – Nahost, Iran, Afghanistan, Nordkorea, Abrüstung und Rüstungskontrolle – weisen die Standpunkte in etwa wieder jene Übereinstimmung auf wie während der kurzen Tauwetterperiode Anfang der Neunziger, als in Moskau Boris Jelzin und in Washington Bill Clinton das Sagen hatten.

Dass ihre Nachfolger Wladimir Putin und George W. Bush eine neue Eiszeit verursachten, hatte vor allem zwei Gründe. Wirtschaftlich erstarkt – durch hohe Weltmarktpreise für Energie –, forderte Russland eine ähnlich herausragende Rolle, wie sie einst die Sowjetunion hatte. Die USA aber verteidigten ihren Status als nunmehr einzige Supermacht mit Zähnen und Klauen. Und sie demütigten, so jedenfalls sieht man es in Moskau, Russland permanent durch Kritik über Demokratiedefizite.

Barack Obama ist offenbar gesonnen, mehr Rücksicht auf russische Be- und Empfindlichkeiten zu nehmen. Oder er hat bessere Berater als sein Vorgänger. Solche, wie den Russlandexperten Michael MacFaul, der einen „radikalen Kurswechsel“ in Aussicht gestellt haben soll. Hiesige Menschenrechtler waren entsetzt und rügten die Vergabe des Friedensnobelpreises an Obama als voreilig.

Washington, erklären Beobachter den Schmusekurs mit Moskau, sei offenbar bereit, für Unterstützung beim Streit um das iranische Kernforschungsprogramm jeden Preis zu zahlen. Doch Moskaus Einfluss auf Teheran ist geringer, als der Westen ahnt, beider Verhältnis historisch belastet. Und Obama ist wohl Realist genug, um Iran nicht als die zentrale Herausforderung seiner Regierung zu sehen. Zumal die USA den Iran für das Krisenmanagement in Afghanistan brauchen. Noch mehr brauchen sie dort Russlands Hilfe.

Vor allem aber können sich Russland und die USA nur gemeinsam gegen eine Supernova behaupten, deren Strahlkraft beiden Ländern zunehmend unheimlich wird: China. Das Riesenreich ist drauf und dran, die USA als führende Wirtschaftsmacht abzulösen, es greift nach den Rohstoffvorkommen in Russisch-Fernost und Zentralasien, und es drängt Moskau dort in der als Gegenstück zu Nato und Opec gegründeten Schanghai-Organisation in die Defensive.

Angesichts dessen wäre eine Rückkehr der einst auf Druck Moskaus aus der Region vertriebenen USA für den Kreml das kleinere Übel. Und es gilt: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

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