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Bundespräsident Gauck.

© dpa

Der Präsident und die Diäten: Verdienen kommt von dienen

Bundespräsident Joachim Gauck lässt das neue Diäten-Gesetz des Bundestags lange und gründlich prüft. Darf er das? Und was könnte ihm missfallen?

Ganz schön präsent ist er dieser Tage, unser Bundespräsident. Zum hundertsten Jahrestag des Ersten Weltkriegs hat er wieder kluge Worte gewählt. Dem hinfälligen Vorvorvorvorvorvorvorgänger (und dessen lebensfroher Gattin) hat er den Dienstwagen gestrichen. Und nun bringt er auch noch die Bundestagsabgeordneten ins Schwitzen. An diesem Dienstag sollte eigentlich die Regelung in Kraft treten, wonach die Bezüge unserer Volksvertreter in zwei Schritten um fast zehn Prozent steigen sollen. Von derzeit immerhin 8252 Euro im ersten Schritt auf 8667 Euro und 2015 dann auf 9082 Euro.

Begründete Zweifel?

Joachim Gauck, der als Staatsoberhaupt, das sollte man nicht verschweigen, deutlich mehr bekommt (nämlich 214 000 Euro im Jahr, und das sind 15 000 Euro mehr als noch 2012), hat offenbar Bedenken und lässt prüfen, ob das Gesetz zur Erhöhung der Abgeordnetenbezüge verfassungskonform ist. Das ist zwar im Bundestag auch schon geschehen, aber der Präsident darf das – ja, er muss es sogar tun. Hat er begründete Zweifel, dass ein Gesetz mit der Verfassung konform ist, muss er handeln. Aber die Gründe müssen dann schon sehr deutlich auf einen verfassungsrechtlichen Konflikt hindeuten, denn eigentlich ist es Sache des Bundesverfassungsgerichts, solche Fragen zu klären.

Der Bundespräsident stört sich wohl kaum daran, dass die Diäten steigen. Auch nicht daran, dass der Bundestag sich bei der Höhe an der Besoldung von Bundesrichtern orientiert. Man mag begründete Zweifel haben, ob Bundestagsneulinge oder langjährige Hinterbänkler, vor allem solche mit Listenmandaten, immer das Geld wert sind, das sie da von uns bekommen. Aber Ungleichbehandlung ist nicht möglich, und alles in allem rechtfertigen die Leistungen und der Zeitaufwand der Mitglieder des Bundestags schon die Bezahlung auf dem Niveau eines Bundesrichters, auch wenn die Qualifikation nicht immer vergleichbar ist.

Ein Automatismus

Was Joachim Gauck möglicherweise missfällt, ist die Regelung, dass die Diäten künftig automatisch angepasst werden. Und zwar an die Bruttolohnentwicklung. Den Automatismus muss zwar jeder neue Bundestag wieder neu beschließen. Aber mit dieser Regelung macht sich das Parlament einen schlanken Fuß, weil sie weitere, möglicherweise unangenehme Debatten vermeidet. Diese Debatten aber müssen sein – denn das Parlament sollte seine Bezahlung, seine „Gehaltserhöhung“, gegenüber den Bürgern nicht allein mit dem Anstieg der Einkommen dieser Bürger begründen. Dass es mehrere Jahre nicht gelang, die Diäten zu erhöhen, weil sich die Abgeordneten dazu nicht trauten, spricht Bände.

Was Gauck möglicherweise ebenfalls missfällt, ist das Vorgehen, das Timing bei dieser Neuregelung der Diäten. Dahinter stecken die Spitzen der großen Koalition, die angesichts der übergroßen Mehrheit von Schwarz-Rot offenbar geglaubt hatten, einen guten Zeitpunkt erkannt zu haben. Was er aber nicht ist. 800 Euro mehr in einem Monat sind in Zeiten stagnierender oder sogar fallender Realeinkommen (je nach Branche und Arbeitgeber) eben eine gewaltige Summe. Da hätte man durchaus etwas sensibler sein können.

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