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Meinung: Vereint klagen, getrennt verlieren?

Noch schießt die Opposition mit Platzpatronen

Nun ist die erste Großaktion der vereinigten deutschen Opposition erst einmal gründlich danebengegangen – die Aktion „Untersuchungsausschuss“. Das lag aber zum wenigstens daran, dass die Grünen ihren „Joschka“ schonen wollten, den sie doch am liebsten längst los wären. Nein, der in sich zusammengebrochenen Attacke auf die Regierung (auf welche eigentlich, die gegenwärtige, die vorherige – oder aufs ganze „System“?) fehlte von Anfang an die innere Logik.

Damit kein Missverständnis entsteht: Niemand darf die Rechte der Opposition beschneiden, erst recht nicht unter einer großen Koalition, schon gar nicht aus einer gouvernementalen Selbstschutz-Attitüde. Aber die Opposition muss schon selber dafür aufkommen, dass sie ihre Rechte überzeugend, also auch glaubwürdig einsetzt. Dazu gehört zuerst, und dies schon aus Gründen der Verfahrensökonomie (und zum Schutz vor peinlichen Überraschungen – nicht etwa für die Regierung, sondern vor allem für die Opposition selber), dass erst alle anderen Aufklärungsinstrumente des Parlaments ausgeschöpft werden. Aber sei’s drum – die politischen Aspekte wiegen noch schwerer als die prozeduralen.

In diesem geplanten Untersuchungsausschuss sollten zwei Themen miteinander verknüpft werden, die auf unterschiedlicher Ebene liegen: Da war zunächst die Frage nach den rechtsstaatswidrigen Gefangenenverschiebungen der CIA (ein immer noch brisantes Thema, da sitzt aber der eigentliche Sündenbock nicht in Berlin), sodann jene ganz andere Frage: Hat die Bundesregierung unter Kanzler Schröder laut Nein zum Irakkrieg geschrien, hinterrücks aber durch BND-Bedienstete den Kampf unterstützt?

Fangen wir beim zweiten Punkt an, denn hier wäre ein Untersuchungsausschuss politisch in der Tat recht lächerlich. Man kann sich schon fragen, ob die USA auf die zwei (in Zahlen: 2) BND-Leuchten in Bagdad angewiesen waren und anderenfalls den Krieg unterlassen hätten. Aber wenn deren mehr oder weniger informelle Auskünfte zu unserer plötzlichen Überraschung schon das totale Nein Schröders zum Irakkrieg desavouiert haben sollten – was war dann mit der doch allen, incl. Guido Westerwelle und Gregor Gysi, längst bekannten Gewährung von Überflugsrechten für US-Flugzeuge und mit der Bewachung von US-Einrichtungen? Wo blieb damals Westerwelles Protest? Diese Maßnahmen waren doch wirklich von Bedeutung für die amerikanische Kriegsführung. Im Übrigen erinnere ich mich, dass Schröder damals (nur) die Beteiligung der Bundeswehr am Kampf ausgeschlossen hatte – von einem Versprechen, den Krieg mit allen Mitteln zu verhindern, habe ich nichts gehört. Aus den zwei BND-Mannen in Bagdad einen Untersuchungsausschuss zu destillieren, wirkt, jedenfalls als FDP-Initiative, noch kurioser, wenn man bedenkt, dass deren Staatsmänner doch damals eher noch mehr für die amerikanische Sache tun wollten – und gerade deshalb Schröder kritisierten.

Und der erste Punkt: Amerikanische Geheimdienst-Übergriffe auf deutsche (sowie andere europäische) Souveränität und deutsche Staatsbürger erfordern in der Tat eine scharfe Zurückweisung – ebenso wie deutsche Verhörkomplizenschaften in Guantanamo und anderen Folterkellern. Aber von dem, der in dieser Angelegenheit einen Untersuchungsausschuss verlangt, verlange ich erst einmal ein eindeutiges politisches Bekenntnis (auch gegenüber Großmächten), dass derlei auch künftig nie in Frage kommt: Mannesmut vor Hegemonen!

Mit anderen Worten: Wenn die dreigeteilte Opposition künftig nicht nur vereint klagen, aber getrennt verlieren will, dann muss sie sich etwas mehr vornehmen, als ihre Kanonen nur mit populistischen Platzpatronen zu laden.

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