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Meinung: Verfehlt und getroffen

Die symbolische Sprengkraft des Anschlags von Bagdad

Von Hans Monath

Der Blutzoll der Amerikaner im Irak ist hoch. So erwartbar ist die Gewalt gegen die Besatzer geworden, dass die täglichen Nachrichten über verletzte oder getötete US-Soldaten hierzulande nur noch wenige erschrecken. Mit dem Raketenangriff auf das Hotel von Paul Wolfowitz in Bagdad aber verhält sich das anders. Der Versuch, mit dem Vize-Verteidigungsminister einen der höchsten Repräsentanten der Supermacht zu treffen, ist von gefährlicher Symbolkraft. Die Raketen auf das Raschid-Hotel entfalten politische Sprengwirkung, auch wenn sie ihr eigentliches Ziel am Sonntagmorgen glücklicherweise verfehlt haben.

Ihren Anhängern und der Welt konnten die Terroristen von Bagdad die Verwundbarkeit der amerikanischen Besatzer demonstrieren. Die Prominenz des Gefährdeten garantiert, dass die Medien die Botschaft auf allen Kanälen verbreiten: Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen ist ein Angriff nahe des amerikanischen Hauptquartiers in Bagdad möglich. Die US-Sicherheitskräfte können nicht einmal dort das Zuschlagen der anonymen Gewalt verhindern und die Sicherheit eines Spitzenpolitikers garantieren. Wie aber sollen sie es dann im mühsamen Alltag der Nachkriegsära schaffen, das Land zu befrieden und die eigenen Leute zu schützen? Das ist eine Botschaft, die auch in Amerika Wirkung haben soll. Sie wird gehört werden in einem Land, das Bushs Irak-Abenteuer für gescheitert hält und am Wochenende zum ersten Mal wieder eine Großdemonstration gegen dessen Irak-Politik erlebte. Da warten bohrende Fragen auf die Verantwortlichen.

Es ist keine Überraschung, dass Paul Wolfowitz selbst erklärt hat, der Angriff könne sein Land nicht an der Erfüllung seiner Aufgaben hindern. Dabei scheint in Washington die Zeit längst vorbei, in der der neokonservative Programmatiker und sein Chef Donald Rumsfeld die Irak-Politik der Regierung Bush dominierten. Dass Rumsfeld mittlerweile den Kampf gegen den Terrorismus als nicht sehr erfolgreich bezeichnet und ihn künftig nicht mehr nur mit Waffen, sondern auch mit Gedanken führen will, ändert nichts daran, dass der Präsident ihn als Chefplaner für den Irak zugunsten von Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice entmachtet hat. Für das Signal, das die Terroristen von Bagdad setzen wollten, ist es aber ganz egal, wie mächtig Paul Wolfowitz oder Donald Rumsfeld heute noch sind.

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