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Meinung: Versprechen und Halten

Von Gerd Appenzeller Nein, natürlich braucht Afghanistan nicht besonders dringend Fußbälle und ein Lächeln von Franz Beckenbauer. Aber vermutlich haben der herumalbernde Bundeskanzler im Ballduett mit einem der bekanntesten Kicker der Welt auf die Kabuler Jugend in etwa die Ausstrahlung gehabt, wie für unsere Großväter nach dem Zweiten Weltkrieg eine englische Schokolade oder eine amerikanische Zigarette.

Von Gerd Appenzeller

Nein, natürlich braucht Afghanistan nicht besonders dringend Fußbälle und ein Lächeln von Franz Beckenbauer. Aber vermutlich haben der herumalbernde Bundeskanzler im Ballduett mit einem der bekanntesten Kicker der Welt auf die Kabuler Jugend in etwa die Ausstrahlung gehabt, wie für unsere Großväter nach dem Zweiten Weltkrieg eine englische Schokolade oder eine amerikanische Zigarette. Seht her, lautet die Botschaft damals wie heute, es gibt noch eine Welt außerhalb von Krieg und Trümmern.

Gerhard Schröder hat den Besuch in der afghanischen Hauptstadt aber nicht nur für Gesten genutzt, sondern auch deutsche Positionen deutlich gemacht und mit bemerkenswerter Eindringlichkeit auf die Einlösung der internationalen Hilfszusagen gepocht. Die wichtigste Botschaft für Ministerpräsident Hamid Karsai war vermutlich des Kanzlers Bereitschaft, eine Verlängerung des Isaf-Mandates über den 20. Juni hinaus zu unterstützen. Schröder will sich dafür stark machen, dass die Internationale Schutztruppe für Afghanistan so lange bleiben wird, bis das Land eigene Streitkräfte aufgebaut und einsatzfähig gemacht hat. Bei der Ausbildung der Polizei, für die Sicherheit innerhalb Kabuls unabdingbar, helfen die Deutschen bereits tatkräftig mit. Für ein über die Hauptstadt hinausreichendes Mandat der Isaf stehen deutsche Soldaten aber nicht zur Verfügung. Dazu reichen die Kräfte der Bundeswehr nicht, war des Kanzlers Eingeständnis. Damit hat er einer Ausweitung der Isaf-Mission über die Hauptstadt hinaus jedoch keine grundsätzliche Absage erteilt.

Mit Soldaten kann man einen Krieg gewinnen, aber nicht auf Dauer den Frieden sichern. Deshalb hat die Internationale Gemeinschaft bei der Geberkonferenz im Januar den Afghanen auch Wirtschaftshilfe von 4,5 Milliarden Dollar zugesagt. Kurzfristig mobilisierbar sollen 1,8 Milliarden Dollar davon sein. Wie schon auf dem Balkan zeigt sich aber auch jetzt in Afghanistan wieder ein tiefer Graben zwischen verbalen Zusagen und tatsächlicher Zahlungsbereitschaft. Daran drohte schon der Wiederaufbau nach dem erzwungenen Rücktritt von Milosevic zu scheitern.

Nun erneut das gleiche Drama: Erst 90 Millionen Dollar sind in Kabul eingegangen, angesichts der dramatischen Herausforderungen an die Regierung Karsai viel zu wenig. Gerhard Schröder hat diesen Attentismus angeprangert. Wenn die Entwicklung demokratischer Strukturen in Afghanistan am Phlegma der Bürokratien im Westen scheitert, wird es dort ein Chaos geben, gegen dass der Gewitterwirbel um die Kanzlermaschine auf dem Rückflug von Kabul wirklich nur ein kleines Feuerwerk gewesen ist.

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