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Meinung: Virus im System

SARS IN CHINA

Selten kommt es vor, dass in China führende Politiker wegen Unfähigkeit aus dem Amt geworfen werden. Sars hat das geändert: Mit Gesundheitsminister Zhang Wenkang und dem Pekinger Bürgermeister Meng Xuenong mussten zwei TopPolitiker wegen des skandalösen Umgangs mit der Krankheit ihren Hut nehmen. Auf den ersten Blick ist dies ein Fortschritt: Zhang und Meng tragen die Verantwortung für eine Politik der Vertuschung und des Verschweigens, mit der Peking den Ausbruch von Sars im Land der 1,3 Milliarden verheimlichen wollte. In Wirklichkeit sind sie jedoch Bauernopfer. Pekings oberste Führer waren seit Wochen über das Ausmaß der Sars-Infektionen informiert. Experten der Weltgesundheitsorganisation hatten ihnen persönlich die Gefahren für China und die Welt erläutert. Doch selbst als in chinesischen Krankenhäusern reihenweise Ärzte und Schwestern an Sars erkrankten, erklärten Staatsmedien und Regierung ungerührt, die Situation sei „unter Kontrolle“. Die Schuld an diesem Versagen tragen nicht nur die geschassten Regierungskader. Der Fehler steckt im System. Die allein regierende Kommunistische Partei, die jeden Zeitungsartikel zensiert und jede Studentengruppe überwachen lässt, ist mit der moderner werdenden chinesischen Gesellschaft überfordert. Schlechte Nachrichten werden unterdrückt, Verantwortlichkeiten abgeschoben. Sars ließ sich nicht per Dekret abstellen, man konnte die Infizierten auch nicht ins Arbeitslager stecken. Pekings Führer sind nervös: Sollten sie Sars nicht in den Griff bekommen, schwindet ihre Legitimation. maa

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