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Meinung: Volles Programm

Die Union wird ihre Vorschläge zur Steuerreform bald vorlegen müssen

Von Antje Sirleschtov

Der 14. August 2003 könnte zu einem wichtigen Datum für die deutschen Unionsparteien werden. Am Tag davor wird der SPD-Bundeskanzler dem Kabinett ein Gesetz vorlegen, dass zehntausenden Menschen im Land, die von Sozialhilfe leben, eine neue Chance auf Weiterbildung und Jobs eröffnet. Außerdem wird dieser Kanzler neben Vorschlägen zum Abbau einer ganzen Reihe sinnloser Subventionen das Gesetz für die größte Steuersenkung in der deutschen Nachkriegsgeschichte vorlegen.

Und die Union? Die Union hadert. Zumindest heute noch. Von „Wir machen da nicht mit“ (Roland Koch) bis „Ja, aber nicht so“ (Angela Merkel) mäandert es zwischen der CDU-Zentrale und den Landesverbänden. Weil die Länderfürsten sehen, dass ihre Kassen leer sind und jeder Haushaltsdruck aus Berlin sie zu Hause in Erklärungsnot bringen wird. Weil es der Parteichefin der CDU nicht gelingen will, eine Botschaft zu finden, hinter der sich die Union zwischen Lübeck und Nürnberg versammeln kann.

Ja, und auch, weil der Union der Weg, den der SPD-Kanzler jetzt gehen will, nicht ganz wesensfremd ist. Doch sich im Programm eine Partei der Steuersenkungen und Haushaltskonsolidierung zu nennen, ist das eine. Diesen Kurs auch durchzuhalten, ist das andere. Und zwar etwas, was Deutschland von der CDU schon lange nicht mehr gesehen hat. Nicht in den Ländern und nicht im Bund.

Auch deshalb konnte Gerhard Schröder seinen politischen Gegner mit der vorgezogenen Steuerreform, die die Menschen um Milliarden entlasten soll, in die Ecke treiben. Und auch mit der Schuldenfinanzierung. Die Union, das wusste Schröder nur zu genau, war programmatisch zu desorientiert und strategisch zu schwach, um seinem Durchmarsch von Anfang an wirkungsvoll zu begegnen. Ein guter Zeitpunkt, um eine gewagte Wette auf den Aufschwung einzugehen und Reform-Kanzler zu werden.

Die Union könnte sich verweigern. Ganz und gar. Wegen der Schulden zum Beispiel. Und ihrerseits darauf wetten, dass Schröder nächstes Jahr Haushalt und Arbeitsmarkt um die Ohren fliegen. Das würde ihn dauerhaft demontieren und wäre in der Tat eine nicht ganz aussichtslose Option. Aber sehr gefährlich. Wie soll man den Menschen im Januar 2004 erklären, warum auf ihren Lohnzetteln immer noch große Steuerbeträge stehen. Und warum die Union den Boom verhindert hat, der hätte kommen können, wenn sie in der Steuerfrage nicht so bockig gewesen wäre.

Und die Offensive? Jetzt hingehen und den Rot-Grünen zeigen, wie es richtig geht? Mit allem, was dazu gehört. Mit Staatsabgabe, mäßiger Verschuldung und auch mit dem großen Wurf zur Steuerreform 2006. Das hätte Charme und würde Kraft demonstrieren. Obwohl auch das nur eine Wette wäre, nämlich darauf, dass der Aufschwung kommt und man sich dann als Ordnungsmacht profilieren kann, die nicht nur daran mitgewirkt, sondern die Sozialdemokraten obendrein noch zur Ordnung der Kassen gedrängt hat.

Für die Union wäre das der Marsch in eine Reformkommission, ähnlich der, in der sich jetzt die Gesundheitspolitiker zu einigen scheinen. Einer mit ungewissem politischen Ausgang. Aber auch ein solcher Marsch ist Bewegung. Bewegen müssen sich die christlichen Volksparteien. Und zwar nicht erst nach der Bayern-Wahl im Herbst. Sondern spätestens am 14. August.

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