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Meinung: Vom Njet zum Nein

Selten hat eine einzelne Kanzleräußerung im Ausland daheim so viel Verwirrung ausgelöst. Das plötzliche Verlangen des Tokioreisenden Gerhard Schröder nach einem deutschen Vetorecht im UNSicherheitsrat überraschte Freund wie Feind.

Selten hat eine einzelne Kanzleräußerung im Ausland daheim so viel Verwirrung ausgelöst. Das plötzliche Verlangen des Tokioreisenden Gerhard Schröder nach einem deutschen Vetorecht im UNSicherheitsrat überraschte Freund wie Feind. Man reibt sich die Augen: Ja, drängen wir denn deshalb in den inneren Zirkel des Weltgremiums, damit dort nach Jahrzehnten des „Njet“ oder „No“ endlich ein deutsches „Nein“ zu hören ist? Eigentlich galt doch der konsensorientierte, alle berücksichtigende und vieles bezahlende deutsche Ansatz als das Plus, auf das die Weltgemeinschaft gewartet hat. Und also bemüht sich die Regierung um Klarstellung: Es gibt einen Unterschied zwischen dem, was ein Staatsmann sagt, und dem, was er erreichen will. Das Veto ist für die Deutschen kein Ziel an sich, sondern nur Verhandlungsmasse im Taktieren um den Ritterschlag der Generalversammlung. Niemand in Berlin glaubt, dass alle alten Vetostaaten jemals ihre Macht abgeben oder relativieren lassen werden. Das geschickte Balancieren zwischen wirklichen und taktischen Zielen nennt man höhere Diplomatie. Dass der Kanzler an solchen Ziselierungen nur begrenzt Interesse hat, erlebte sein entsetzter Außenminister im Irakkrieg. Allerdings erlebte er dann auch, dass die Brachialmethode Erfolg zeitigte. Diesmal erregt das jähe Auftrumpfen Schröders aber im Ausland weit weniger Aufsehen als daheim. Dass Berlin nun laut um den Sicherheitsratssitz streitet, kann der rot-grünen Koalition auch nur recht sein: Endlich merkt mal einer, dass Fischer und Schröder Deutschland aufwerten wollen. Denn mit dem Wahlkampf 2006 hat dieses Begehren mehr zu tun, als beide zugeben. hmt

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