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Meinung: Wahl in Israel: Nicht ins Meer, nicht in die Wüste

Wie morgen die politische Realität in Israel aussehen wird, weiß heute kein Mensch. Trotz aller Meinungsumfragen im Vorfeld: Die stichhaltigste Umfrage bilden letztlich die heutigen Wahlen selbst.

Wie morgen die politische Realität in Israel aussehen wird, weiß heute kein Mensch. Trotz aller Meinungsumfragen im Vorfeld: Die stichhaltigste Umfrage bilden letztlich die heutigen Wahlen selbst. Selbstverständlich ist das Interesse hierzulande sehr groß - und in Israel selbst nicht weniger. Einiges lässt sich dennoch heute schon sagen.

In den 52 Jahren seiner Existenz hat Israel sich als sehr starke und lebendige Demokratie erwiesen - auch unter den schwierigsten Bedingungen wie der existenziellen Bedrohung durch den dauerhaften Konflikt mit den arabischen Nachbarn und, nicht weniger wichtig, der Aufnahme von Millionen neuer Einwanderer und deren Integration in die israelische Gesellschaft. Noch vor der Staatsgründung 1948 weigerte sich die arabische Welt, das Anliegen der Juden, einen jüdischen Staat in ihrer alten Heimat zu gründen, zu akzeptieren. Nicht nur, dass die UN-Teilungsresolution vom 29. November 1947 von der gesamten arabischen Welt einschließlich der Palästinenser abgelehnt wurde. Schon am Tag der Staatsausrufung, dem 14. Mai 1948, haben reguläre Armeen von sieben arabischen Ländern den jungen Staat angegriffen. Auch heute noch mangelt es an Akzeptanz der Legitimität des Staates Israel unter den arabischen Nachbarn. Während seines 52-jährigen Bestehens musste Israel mehrmals um seine Existenz kämpfen. Diese Belastungen konnten die Entschlossenheit Israels nicht schwächen, Millionen von Juden aus aller Welt, zum größten Teil Flüchtlinge, aufzunehmen. Es ist fast ein Wunder, dass dieser Integrationsprozess trotz der dauerhaften existenziellen Bedrohung erfolgreich durchgeführt wurde. Mehr noch, es spricht in hohem Maße für die Festigkeit der staatstragenden Ideen Israels und für die Motivation seiner Bürger, dass diese Einwanderungsgesellschaft ein solides demokratisches System hervorgebracht hat. Bis heute das einzige im Nahen Osten. Wie Ben Gurion sagte: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.

Während Israel jüdische Flüchtlinge in die israelische Gesellschaft aufgenommen hat, unter anderem viele, die aus arabischen Ländern vertrieben worden waren, haben die arabischen Länder mit Ausnahme Jordaniens die Einbürgerung ihrer palästinensischen Brüder verweigert und das palästinensische Flüchtlingsproblem als Mittel für ihre politischen Zwecke instrumentalisiert.

Bis heute verzeichnet die israelische Geschichte vier einschneidende Machtwechsel. Das erste Mal mit dem Aufstieg der Likud-Regierung unter Menachem Begin 1977, dann mit dem Wahlsieg Yitzhak Rabins 1992, wiederum mit dem Wahlerfolg Benjamin Netanjahus 1996 und schließlich mit dem Sieg Ehud Baraks 1999. Alle israelischen Regierungen haben sich als erste Priorität das Ziel gesetzt, zu Frieden und Sicherheit mit unseren arabischen Nachbarn zu kommen, unabhängig von der politischen Farbe der regierenden Partei. Es war eine Likud-Regierung unter Menachem Begin, die das historische Friedensabkommen mit Ägypten 1979 unterzeichnet hat. Und wenn früher das Klischee galt, dass nur eine rechte Regierung ein Friedensabkommen mit den arabischen Nachbarn schließen kann, dann gilt das seit dem Oslo-Abkommen mit den Palästinensern im Jahre 1993 und dem Friedensvertrag mit Jordanien 1994 nicht mehr. Alle israelischen Regierungen haben seit Beginn des Osloer Prozesses eine Reihe von Vereinbarungen mit den Palästinensern unterzeichnet und umgesetzt, oder genauer: seit der Madrider Konferenz 1991 - damals unter einer Likud-Regierung.

Wie die demokratische Entscheidung der Wähler heute ausfallen wird, vermag ich nicht zu prophezeien. Eines aber ist sicher: Unabhängig davon, wer aus der Wahl als Sieger hervorgeht, ist sich die große Mehrheit der Israelis in der Unterstützung des Friedensprozesses einig. Wir haben unterschiedliche Auffassungen über den Weg und die Risiken, die wir für den Frieden eingehen müssen, nicht aber über seine Notwendigkeit. Mehr als das: Wir haben keine Pläne, die Palästinenser in die Wüste zu schicken. Ebenso werden Sie uns nicht ins Meer werfen können. Alle anderen Alternativen sind bereits gescheitert. Zum Frieden gibt es keine Alternative. Israel und die Palästinenser sind zum Frieden verdammt.

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