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Meinung: Was sich schickt

CHINA UND DIE MENSCHENRECHTE

Als Chinas Premier Li Peng 1995 zu Gast in Deutschland war, übergab ihm der SPDVorsitzende Scharping eine Liste mit den Namen verfolgter Oppositioneller, und der Bundeskanzler, dem die eigene Parteijugend einen offenen Protestbrief geschrieben hatte, sprach das Thema Menschenrechte beim Treffen mit dem Gast an. Ein Jahr zuvor hatte der eine Festveranstaltung in Weimar brüsk verlassen und den Gang durchs Brandenburger Tor verweigert, weil ihn die deutschen Gastgeber zu häufig mit Anspielungen auf Freiheit und Menschenwürde genervt hatten. Jetzt ist wieder ein chinesischer Premier zu Gast, dreimal trifft sich Wen Jiabao mit dem Kanzler. Doch zum Thema Menschenrechte hört man – nichts. Wir sollten uns nichts vormachen: Auch früher hatten die offiziellen Appelle etwas reichlich Rituelles. Aber sie wurden vorgetragen und nicht nur leise unter vier Augen. Denn wenn etwas gegen Folter, Justizmord, unfaire Prozesse hilft, dann Öffentlichkeit, die es den Machthabern schwer macht, als Biedermänner aufzutreten. In Zeiten der Wirtschaftskrise, da Aufträge für den riesigen chinesischen Markt dringender gebraucht werden denn je, scheint uns selbst das bisschen Sinn dafür abhanden zu kommen, was sich gehört. ade

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