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Meinung: Wenig Feind’, viel Ehr’

Von Gerd Appenzeller

Mehr als 6000 deutsche Soldatinnen und Soldaten versehen zurzeit ihren Dienst bei acht Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Zehntausende waren es im Laufe der letzten Jahre. Deutschland ist, wie es führende Politiker, zuletzt Altbundespräsident Johannes Rau in dieser Zeitung, immer wieder nachdenklich-ironisch betonen, von Freunden umzingelt. Unser Land hat keine Feinde, und innerhalb der eigenen Grenzen wird die Bundeswehr nur noch als zuverlässiger Helfer bei Unwetterkatastrophen wie jetzt wieder im Münsterland gebraucht. Mit einem Blick auf die furchtbaren europäischen Konflikte des ausgehenden 19. und des fast ganzen 20. Jahrhunderts kann man nur konstatieren: Was für ein Glück.

Überflüssig geworden ist das deutsche Militär damit nicht. Aber seine Einsatzorte und Ziele haben sich völlig verändert. Bei der gestrigen Debatte über die Verteidigungs- und Sicherheitspolitik hat der Bundestag in schon gewohnter großer Einmütigkeit die Unterstützung des Parlaments für die Bundeswehr beschworen. Der neue Verteidigungsminister Franz Josef Jung scheint sich in seiner ruhigen, Verlässlichkeit ausstrahlenden Art als ein guter Griff bei der Besetzung des Amtes zu erweisen – er würde damit ein würdiger Nachfolger von Peter Struck.

Diese Ruhe an der politischen Front brauchen die Soldaten und ihre Führung auch gerade im Hinblick auf die Gefährlichkeit der Auslandseinsätze. Wenn die Bundeswehr tatsächlich, neben der Entwicklungs- und der Kulturpolitik, mehr und mehr zum ergänzenden Instrument der deutschen Außenpolitik werden soll, muss sie für diese Rolle auch gewappnet sein, und das nicht länger nur mit Worten. Die allgemeine Wehrpflicht – so sie denn mit einem Anspruch auf Wehrgerechtigkeit aufrechterhalten werden kann – gewährleistet, dass dieses politische Mittel lediglich sorgsam dosiert eingesetzt und nicht zum sich verselbstständigenden Mittel der Außenpolitik wird. Die Bürger selbst werden weiter ein waches Auge darauf haben – denn es sind die Leben ihrer Töchter und Söhne, um die es ganz konkret geht, wenn das Parlament über die Bundeswehr diskutiert.

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