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Meinung: Wenn der Mitbewohner pleite ist

Der EU-Währungsfonds ist eine Idee für später. Erst muss Griechenland sich selbst retten

Es war einmal ein altes Ehepaar, das hatte Angst um seine Ersparnisse. Denn im Haus des Ehepaars war vor ein paar Jahren ein guter alter Bekannter eingezogen, der leider ein Problem hatte: Er brauchte ständig Geld. Nun hatte das Ehepaar auch nur wenig Geld, um nicht zu sagen, es stand selbst ziemlich in der Kreide. Was sollten die beiden also mit dem Bekannten machen? Ihm Geld leihen? Versuchen, ihm eine solide Haushaltsführung beizubringen? Ihn rausschmeißen oder ihn bitten, das Haus von allein zu verlassen?

Wäre die Griechenlandkrise eine Fabel, würde sich aus ihrem Ende eine Lehre ergeben – aus der wir alle etwas fürs Leben gelernt hätten. Aber so weit, nämlich am Endpunkt der Griechenlandkrise, sind wir noch längst nicht. Und auch Kanzlerin Merkel, die die Dinge so gern vom Ende her denkt, kann nur mutmaßen, wie die Geschichte ausgeht: Ob die Griechen es tatsächlich schaffen, sich am eigenen Schopf aus dem Schuldensumpf zu ziehen, ob sie in irgendeiner Form Europas Hilfe in Anspruch nehmen oder ob am Ende ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone für alle Beteiligten das Beste wäre – wer sich anmaßt, heute die Antwort zu kennen, der ist ein Aufschneider.

Deutschland und Frankreich, das alte Ehepaar aus unserer Fabel, tun derzeit immerhin ihr Möglichstes, um die Spekulationen an den Finanzmärkten gegen Griechenland einzudämmen. Das ist das Mindeste, was man angesichts des brandgefährlichen Handels mit Leerverkäufen und Kreditausfallversicherungen tun kann. Allerdings dürfte ein neues europäisches Regelwerk gegen Spekulation ohne die Unterstützung der USA wirkungslos bleiben.

Spannend wird es aber erst in der Frage, ob in der EU neue Institutionen geschaffen werden, mit denen sich verhindern ließe, dass die Griechenlandkrise zum gesamteuropäischen Flächenbrand wird. Verständlicherweise löst die neue deutsche Beweglichkeit in der Debatte um europäische Hilfs- und Steuerungsmechanismen – europäischer Währungsfonds, verstärkte Wirtschaftskoordinierung – in Paris große Begeisterung aus: Eine „EU-Wirtschaftsregierung“ ist ein alter französischer Traum.

Auch wenn Finanzminister Schäuble mit der Idee, einen europäischen Währungsfonds einzurichten, in Paris offene Türen einrennt, ist Merkel doch gut beraten, wenn sie sich zurückhält. Die Einrichtung eines solchen Fonds ist kein Thema für die nächsten Wochen, sondern für die nächsten Monate, wenn nicht sogar Jahre.

Und zunächst einmal hat – bei aller nötigen europäischen Solidarität – nicht Deutschland eine Bringschuld, sondern die übrigen Partner: Griechenland muss beweisen, dass es die Sanierung aus eigener Kraft schafft. Und Frankreichs Präsident Sarkozy muss den alten Berliner Vorbehalt gegen eine verstärkte wirtschaftspolitische Zusammenarbeit aus der Welt schaffen: dass nämlich derjenige, der die EU auch wirtschaftlich regieren will, letztlich nur die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und die Stabilität des Euro unterhöhlen will.

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