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Bundeskanzlerin Angela Merkel

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Windelweicher Kompromiss: Wie die Frauenquote Merkels CDU zerrüttet

Das Kabinettstückchen um die Quote, das die CDU-Führung seit Anfang der Woche aufführt, kennt nur Verlierer. Für Angela Merkel sieht die Sache schlimm aus. Statt eines Kompromisses, den alle in den Wahlkampf tragen, gibt es in der Partei blutige Nasen und Missgunst.

Von Antje Sirleschtov

Über Kristina Schröders Rolle in der Sache lohnt am wenigsten zu sprechen. Die Familienministerin hat mit ihrer „Flexi-Quote“ ein gleichstellungspolitisches Ungetüm geschaffen, das Gott sei Dank politisch in der Versenkung verschwunden ist. Die CDU jedenfalls hat sich davon verabschiedet, Schröder ist die erste Verliererin im aktuellen Streit um die Frauenquote.

Aber sie ist nur eine von vielen. Oder genauer: Das Kabinettstückchen um die Quote, das die CDU-Führung seit Anfang der Woche aufführt, kennt nur Verlierer. Was vielleicht am wenigsten dramatisch für die Frauen im Land ist. Die wissen nun wenigstens Bescheid – wer eine Quote für Frauen in Führungsetagen vor 2020 für stimmentscheidend hält, darf bei der Bundestagswahl nicht CDU ankreuzen. Ob Angela Merkel dieses Signal gewollt hat?

Für Merkels CDU, die in einigen Monaten die Bundestagswahl gewinnen will, sieht die Sache schlimm aus. Statt eines Kompromisses, den alle in den Wahlkampf tragen, gibt es in der Partei blutige Nasen und Missgunst. Weil sich die Chefin mal wieder nicht festgelegt hat, stehen am Ende alle Beteiligten blamiert in der Arena herum.

Auf dem Parteitag der CDU in Hannover im vergangenen Dezember hatte Merkel zwar die Wirtschaft gewarnt, sie werde sich deren systematische Frauen-Benachteiligung nicht mehr lange ansehen. Abstimmen durften die Delegierten dann allerdings nur über Schröders windelweiche Flexi-Quote. Zufrieden waren am Ende weder die Befürworter einer staatlich festgelegten Quote noch deren Gegner. Die Niedersachsenwahl stand vor der Tür, Merkel hatte Ruhe. Für’s Erste jedenfalls.

Nun zeigt sich die Kehrseite. Wer alles im Vagen hält, wer sich nie entscheidet, wird auch niemanden hinter sich wissen, der im Zweifelsfall für die gemeinsame Position streitet. Das Ergebnis ist Schwäche. Eine Handvoll Frauen mit Ursula von der Leyen an der Spitze hat es geschafft, die Bundestagsfraktion, aber auch die Parteichefin und Bundeskanzlerin eiskalt zu erpressen: entweder Quote oder Ende der Koalition. Denn nichts anderes würde herauskommen, wenn die Frauen dem von der Opposition dominierten Bundesratsantrag am Donnerstag im Bundestag zustimmen.

Für die größte Fraktion im Parlament und ihren Vorsitzenden Volker Kauder im Besonderen ist das ein kaum wiedergutzumachender Schaden. Schließlich geht es nicht um Fragen von Krieg und Frieden, sondern um einige sehr gut verdienende Frauen in den Aufsichtsräten von Dax-Konzernen. Und trotzdem kann Kauder den Erpressungsversuch der Frauen nicht unterbinden? Im Kreis der Verlierer steht er gleich hinter Schröder. Dann folgt der einst so stolze und starke Wirtschaftsflügel der Union. Man möchte ihm mitleidig zurufen: Unter Friedrich Merz wäre das nicht passiert.

Hat wenigstens Merkels Stellvertreterin gewonnen? Ursula von der Leyen hat wieder einmal den Weg des Putschs statt der Überzeugungsarbeit gewählt, um ihre Ziele in der CDU durchzusetzen. Mancher mag das mutig finden und ihr die Härte attestieren, die für das Kanzleramt nötig ist. Dabei sollte aber keiner vergessen, dass diese Methode bei denen, deren Interessen sie bedient, heute vielleicht noch das Gefühl des Sieges hinterlässt; schon morgen aber könnten aus denselben Menschen Verlierer werden. Auch Wahlverlierer. Leyen mag der Preis für das Durchsetzen ihrer Überzeugung zweitrangig sein. Für eine CDU-Vorsitzende sollte er das nicht sein.

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