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Meinung: „Wir wurden draußen vor der Tür gelassen“

Von Diplomatie versteht Valdas Adamkus mehr als mancher seiner Kollegen. Das hat Litauens Staatspräsident als Vermittler während der friedlichen Revolution in der Ukraine unter Beweis gestellt.

Von Diplomatie versteht Valdas Adamkus mehr als mancher seiner Kollegen. Das hat Litauens Staatspräsident als Vermittler während der friedlichen Revolution in der Ukraine unter Beweis gestellt. Wenn jemand wie er zu deutlichen Worten greift, ist das gleich doppelt bemerkenswert. Vor seinem Berlin-Besuch – dem ersten Staatsbesuch eines litauischen Präsidenten in Deutschland – hatte Adamkus Bundeskanzler Gerhard Schröder die „völlige Unkenntnis“ nachbarschaftlicher Beziehungen vorgeworfen. Hintergrund für den offenen Streit ist die geplante deutsch-russische Gas-Pipeline durch die Ostsee. Neben Polen hatten sich auch die baltischen Staaten vehement gegen das Projekt gewandt. Als Teil der europäischen Familie hätte Litauen in die Diskussion einbezogen werden müssen, bekräftigte Adamkus in Berlin. „Wir wurden aber draußen vor der Tür gelassen.“ Das ist es, was in Litauen besondere Irritationen hervorrief – und wohl auch die ungewohnt scharfe Kritik von Adamkus.

Der 78-Jährige, der bereits von 1998 bis 2003 Präsident seines Landes war und im vergangenen Jahr seine zweite Amtszeit antrat, hat Litauen in die Europäische Union und in die Nato geführt. Die Anbindung seines Landes an den Westen war für ihn eine Herzensangelegenheit. Im Zweiten Weltkrieg hatte er dem Widerstand gegen die sowjetischen Besatzer angehört. Nach einer Zwischenstation in München wanderte der Ingenieur 1949 nach Amerika aus und arbeitete in leitender Funktion für die US-Umweltschutzbehörde.

Gegen die Ostsee-Pipeline führt Adamkus auch ökologische Risiken ins Feld. „Stoppen Sie das Projekt und rühren Sie es nicht mehr an“, ist daher sein Rat an die Deutschen. Schröder habe allerdings klar gemacht, dass die Pipeline beschlossene Sache sei. Dennoch hofft Adamkus auf die Regierung Merkel – nicht zuletzt, weil die CDU-Chefin aus ihrer Biografie heraus eher einen Zugang zu den Sorgen der Osteuropäer haben könnte. Bei Bundespräsident Horst Köhler stieß er bereits auf viel Verständnis für seine Position. Adamkus und Schröder gelang es indes nicht, ihre Differenzen zu überbrücken: „Am Ende waren wir beide überzeugt, dass wir beide Recht haben“, sagte Adamkus. Das ursprünglich geplante Mittagessen mit Schröder wurde kurzfristig abgesagt. Aus terminlichen Gründen, wie beide Seiten ganz diplomatisch betonen.

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