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Mit Veränderungssperren und kindischen Modernisierungsverboten ist das Mietenproblem nicht zu lösen.

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Steigende Mieten: Wohnungsnot: Die Berliner Politik muss endlich handeln

Mit der wachsenden Attraktivität Berlins steigen die Mieten. Das Problem wird über kurz oder lang Millionen Menschen betreffen - und für viel sozialen Sprengstoff sorgen. Rechtzeitig genügend Wohnraum zu planen, ist für Berlins Politik deshalb die größte Herausforderung.

Was für die frühere DDR insgesamt gilt, trifft im Besonderen auch auf Berlin zu: So viel Veränderung wie in den vergangenen 20 Jahren war in den vier Jahrzehnten davor nicht. Die grundstürzenden Folgen der Wiedervereinigung werden zwar von den meisten Menschen als positiv empfunden, für einen Lebensbereich gilt das aber speziell in der Hauptstadt nicht. Mit der wachsenden Attraktivität der Stadt steigen die Mieten. Und da von den zwei Millionen Wohnungen Berlins 85 Prozent Mietwohnungen sind, trifft das Problem über kurz oder lang Millionen Menschen. Da ist es schon erstaunlich, dass die Politik erst jetzt zu begreifen beginnt, dass sich hier sozialer Sprengstoff anhäuft.

Die sechs städtischen Wohnungsbaugenossenschaften könnten mit ihren 280 000 Wohnungen zwar so etwas wie ein Regulativ gegen überbordende Mietsteigerungen sein. Aber sie haben in den vergangenen zehn Jahren den sozialen Wohnungsbau fast eingestellt. Angesichts zurückgehender Bevölkerungszahlen schien der auch nicht mehr nötig. Aber nun zeigt die Statistik, dass Berlin wie auch andere Metropolen wieder kräftig wächst. Mit einem Wanderungsgewinn von mindestens 25 000 Menschen pro Jahr rechnet Michael Müller, der Senator für Stadtentwicklung. Es können aber auch 40 000 sein. Das heißt: Berlin wächst innerhalb eines Jahrzehnts um 400 000 Einwohner. Da viele von ihnen aus Ost- und Südeuropa kommen, also nicht vermögend sind, werden sie ihren Wohnraumbedarf kaum auf dem frei finanzierten Markt decken können. Müllers Staatssekretär, Ephraim Gothe, fasst die Lage in dem knappen Satz zusammen: „Wir müssen bauen, dass es kracht.“

Die Studenten trifft es oft noch härter als die übrigen Zuwanderer. Deren Zahl wuchs im neuen Semester auf 160 000. Ihre Nöte trug die Leiterin des Studentenwerks jetzt dem Regierenden Bürgermeister vor. Ihr wurde eine Lösung angeboten, die Vorbild sein könnte: Berlin muss den sozialen Wohnungsbau wieder aufleben lassen. Die 8500 Neubauwohnungen, die die sechs Genossenschaften in den kommenden vier Jahren planen, sind viel zu wenig. Wenn sich das „Stadtforum 2030“, eine wenige Wochen alte Senatsinitiative, zum Ziel gesetzt hat, die soziale Mischung zu bewahren und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist das genauso löblich wie die Zielvorgabe der IBA 2020, der nächsten Internationalen Bau-Ausstellung. Die will das Spannungsverhältnis zwischen der inneren Stadt, den Quartieren im S-Bahn-Ring mit ihren 1,2 Millionen Bewohnern, und der Außenstadt thematisieren – dort leben 2,2 Millionen der 3,5 Millionen Berliner.

Klar ist, dass es einen Rechtsanspruch auf günstiges Wohnen im S-Bahn-Ring so wenig geben kann wie pausenlose Mieterhöhungen in diesem Gebiet. In Spandau, Köpenick und Reinickendorf ist es auch sehr schön, dorthin fährt die S-Bahn ebenfalls. Klar ist aber auch, dass der Senat über seinen Liegenschaftsfonds den Bau bezahlbaren Wohnraums fördern kann, indem er privaten Bauherren und Genossenschaften deutlich günstiger Bauland gibt, wenn sie sich verpflichten, etwa ein Drittel der neuen Wohnungen zu niedrigeren Mieten anzubieten. Wenn die Abschreibungsmöglichkeiten für den Wohnungsbau verbessert werden, kann das ein zusätzlicher Impuls sein.

Mit Veränderungssperren und kindischen Modernisierungsverboten ist das Problem nicht zu lösen. Für Parteipolitik eignet es sich auch nicht. Rechtzeitig genügend Wohnraum zu planen, ist für Berlins Politik die größte Herausforderung.

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