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Die Linken-Chefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst.

© dpa

Zerstrittene Linke: Lötzsch und Ernst demontieren sich selbst

Ein Geburtstagsbrief an Fidel Castro, zweifelhafte Aussagen zum Mauerbau. Die Führung der Linkspartei machte in den vergangenen Wochen vor allem durch Missverständnisse auf sich aufmerksam. Dahinter steckt aber ein perfides Kalkül.

Von Matthias Meisner

Vor ein paar Wochen hat Kanzlerin Angela Merkel dem Premierminister der Sozialistischen Republik Vietnam ein Glückwunschschreiben geschickt. Dem Land, in dem es auch nicht so gut um die Menschenrechte bestellt ist, bescheinigte Merkel eine prosperierende Entwicklung. Nguyen Tan Dung, gerade im Amt bestätigt, wünschte sie eine „glückliche Hand“, denn schließlich diene seine Politik dem Wohl des vietnamesischen Volkes. Es war ein diplomatischer Brief, womöglich etwas zu diplomatisch.

Gesine Lötzsch und Klaus Ernst, die Vorsitzenden der Linken, haben vor einer Woche einen gewiss undiplomatischen Brief geschrieben – an Kubas Revolutionsführer Fidel Castro zu dessen 85. Geburtstag. „Voller Stolz“ auf Castros „kampferfülltes Leben“ versichern sie ihm „unverbrüchliche Freundschaft“. Der Brief enthält keinen relativierenden Halbsatz, anders als die Grußbotschaft des Amtsvorgängers Lothar Bisky vor fünf Jahren an Castro, in der er von der historischen Herausforderung der Linken sprach, „Lehren aus ihrer Niederlage zu ziehen“ und forderte, einen demokratischen Sozialismus zu entwickeln. Bisky – und übrigens auch Gregor Gysi – glauben, dass die Linkspartei nur so eine Zukunft hat. Klug wäre es gewesen, die Linken-Spitze hätte in dem Brief nach Havanna deutlich gemacht, dass sie das auch so sieht. Doch in Berlin-Lichtenberg, wo Lötzsch ihre Machtbasis hat, wird weiter gepunktet mit der Suche nach Wegen zum Kommunismus, mit Vorbesprechungen zu den Ursachen statt Verurteilungen des Mauerbaus. Und mit Kuba als Vorbild. Systematisch macht Lötzsch Missverständnisse und Undeutlichkeiten zum Grundsatzprogramm der Linkspartei.

Lötzsch will im kommenden Jahr wiedergewählt werden, um den Preis des weiteren Niedergangs der Linken kämpft sie darum. Sie setzt auf die Eitelkeit von Klaus Ernst, der mit ihr als Team antreten soll. Das perfide Kalkül: Der Laden ist bereits so heruntergewirtschaftet, dass der Widerstand gegen die nur noch peinliche Parteiführung schwindet. Fidel Castro hatte die Macht 2006 an seinen Bruder abgegeben, aus gesundheitlichen Gründen. Lötzsch und Ernst loben Fidel nun, weil er seine „politische Weitsicht“ den „neuen Generationen politischer Aktivisten“ zur Verfügung stelle. Sie selbst müssten als unfähig abtreten. Noch ein bisschen so weiter, und die Partei wird nicht mal mehr Briefe aus Havanna und Hanoi bekommen. Vielleicht bedankt sich wenigstens Merkel für die „glückliche Hand“ der Linken. Bei der Selbstdemontage.

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