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Ziel verfehlt: Staatsverschuldung - die Erbschaft

An das Jonglieren mit hohen Zahlen haben wir uns fast schon gewöhnt. Wohlan: Der Bund wird sich im kommenden Jahr voraussichtlich mit bis zu 20 Milliarden Euro neu verschulden. Eigentlich sollten es gerade mal 10,5 Milliarden sein. Damit hat die Regierung ihr historisches Ziel, mit dem sie einmal angetreten war, verfehlt.

Nach mehr als 40 Jahren Schuldenmachen wollte die große Koalition den Haushalt sanieren – und mit ihrer Zweidrittelmehrheit hätte sie dazu zumindest den formalen Spielraum gehabt. Doch inzwischen ist noch nicht mal sicher, ob es mit der Nullverschuldung bis 2013 klappt.

Es mag durchaus richtig sein, dass der Staat jetzt mit Bürgschaften und Notprogrammen die schlimmsten Auswirkungen der Finanzkrise dämpfen will. Aber die scheinbare Sicherheit von heute wird die Unsicherheit von morgen sein. So sehr die Politik gerade suggeriert, sie könne das Schlimmste in der Krise abwenden, so sehr fehlt es ihr an der Vorstellung, wie sie diese Anleihen in Zukunft einlösen will. Und es ist bezeichnend mit anzuschauen, dass dieser Tage zwar das Schuldenmachen jenseits des Atlantiks beklagt wird, andererseits aber der eigene staatliche Schuldenberg ständig größer wird.

Mit mehr als 18 000 Euro steht jeder Deutsche im Durchschnitt von Staats wegen in der Kreide. Die Zinsen sind der zweitgrößte Posten im Bundesetat. Und Kredite werden inzwischen nicht mehr aufgenommen, um Investitionen zu bezahlen, sondern um die laufenden Kreditkosten zu decken. Zur Begründung allerdings wird immer wieder gerne auf Sondersituationen verwiesen – sei es die deutsche Einheit, der 11. September 2001 oder wie jetzt eben die Krise auf den Finanzmärkten. Dabei zeigt sich, dass die Ausnahme längst zur Regel geworden ist. Anders ist kaum zu erklären, dass es der großen Koalition selbst in drei Jahren relativen wirtschaftlichen Wachstums nicht gelungen ist, den Haushalt krisenfest zu machen.

Auch in Zukunft ist also vor allem mit dem Unberechenbaren zu rechnen. Das gilt in erster Linie für die Generation, die mit dieser Krise groß werden wird. Es sind die Berufsanfänger, die Auszubildenden, die Studenten oder die jungen Familien, auf deren Konto die Kosten verbucht werden. Für diese Generation ist es nicht so sehr die Finanzmarktkrise, die Vermögen vernichtet, sondern die steigende Schuldenlast.

Doch wie die Zukunft gestalten, wenn es vor allem ums Verwalten von Schulden gehen wird? Die Finanzkrise gibt nur eine kleine Ahnung davon, wie groß die Herausforderungen sein werden. Der Klimawandel und das Problem der alternden Gesellschaft zum Beispiel werden sich nicht mit kurzfristigen Notprogrammen lösen lassen. Und wer wird noch politische Verantwortung übernehmen, wenn es in erster Linie ums Sparen geht und weniger um das Verteilen von Wohltaten?

Den 25- oder 35-Jährigen, die sich mit diesen Problemen konfrontiert sehen, kann vielleicht der Blick nach Amerika Mut machen. Dort war es nicht nur das Charisma eines Barack Obama, das zur überraschenden Politisierung einer ganzen Generation geführt hat. Es war vielleicht noch stärker das Gefühl, gerade in einer Krise gemeinsam etwas bewegen und anpacken zu können. In Deutschland dagegen ist die Einstellung verbreitet, man könne sich an die Krise gewöhnen. Sollten die Jüngeren nach diesem Motto handeln, würde die nächste große Krise auf ihr Konto gehen.

Fabian Leber

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