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Meinung: Zum Wohle der Gesundheit

„Die ratlosen Deutschen“ und„Ehec und die Detektive“ vom 8. Mai Es ist richtig, Subsidiarität dient dazu, möglichst viele Entscheidungen „vor Ort“ und unabhängig zu treffen und schützt vor einsamen Entscheidungen an der Spitze.

„Die ratlosen Deutschen“ und„Ehec und die Detektive“ vom 8. Mai

Es ist richtig, Subsidiarität dient dazu, möglichst viele Entscheidungen „vor Ort“ und unabhängig zu treffen und schützt vor einsamen Entscheidungen an der Spitze.

Dieser in Deutschland ausgeprägte Föderalismus war nach dem Krieg gewollt und hat zu lokalen Größen und Stärken geführt. Beim Bildungsföderalismus sind wir inzwischen an seine nationalen Grenzen gestoßen, handeln aber zögerlich. Bei der Wirtschafts- und Finanzsubsidiarität gibt es erste Vorstöße zu einer europäischen Lösung.

Jetzt, in Zeiten akuter Gesundheitsgefährdung unklarer Genese, schreien wir laut nach der starken Frau/dem starken Mann. Dabei sind nicht (nur) der kurze Entscheidungsstrang von unten nach oben (und oben nach unten) gefragt, sondern auch die fachlichen Seitwärtsbewegungen zwischen den betroffenen Bereichen (Gesundheit, Krankheit, Ernährung und Landwirtschaft, Epidemiologie der Seuchen, Risikobewertung, …).

Mindestens dreimal Bund plus Länder, Minister und nachgeordnete Behörden (macht also summa summarum 100 zuständige Stellen oder mehr) wissen nicht, wer Koch ist und wer Kellner.

So turnt man auf der „Sprossenleiter“ auf und ab – ist es aber nicht gewesen, war nicht zuständig und zeigt auf den anderen. Dabei hatten wir früher schon richtig gebündelte Behörden auf

Bundesebene (und das sogar im

geteilten Berlin).

Das Bundesgesundheitsamt (BGA – das ehemalige Reichsgesundsheitsamt wusste man seit 1876 als zentral zuständige Behörde zu schätzen) hatte bis 1994 alle Bundeszuständigkeiten unter dem Dach des Bundesgesundheitsministers und unter Einbindung anderer relevanter Ministerien und Stellen. Der damalige Ressortleiter wollte das „unbewegliche Schlachtschiff in viele kleine Schnellboote zerlegen“ (die „erfolgreiche“ Zerlegung hatte zur Folge, dass wir heute viele Tanker an verschiedenen Orten der Republik haben, die vor sich hin arbeiten). Der damalige Bundesminister „machte den Horst“, kam aber als Ministerpräsident zurück – hat er vergessen, was war, oder haben wir gelernt? Sind wir lernfähig genug, Strukturen zu bündeln und Zuständigkeiten dem jeweiligen Problem anzupassen? In Frankreich nahm man sich damals das Bundesgesundheitsamt zum Vorbild und schuf eine schlagkräftige Behörde, das AFSSAPS, aus all den früher abgeschotteten Zuständigkeiten. In Schweden befindet sich eine europäische Zentralbehörde ohne Entscheidungsbefugnis. Hier sind unter anderem jeden Tag die Daten zu Ehec für Europa gelistet.

Bündelung und klare Zuständigkeiten.

Prof. Rolf Baß, Berlin-Tempelhof

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