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Meinung: Zuwendung und Zumutung

Von Gerd Nowakowski

Bill Clinton hat es vorgemacht: Der USPräsident strich Migranten 1996 jegliche finanziellen Hilfen – jedenfalls bis zur Einbürgerung: Erst fordern, dann fördern. Das Interesse der Einwanderer an den USA hat trotz dieser klaren Ansage nicht gelitten. Nun fordert die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John im Tagesspiegel, dass den Migranten die Notwendigkeit zur Integration auch wirtschaftlich klarer gemacht werden solle. Nicht immer mehr Finanzhilfe für Problembezirke wie Neukölln sei der Königsweg, um sozialer Verwahrlosung, hoher Arbeitslosigkeit, Jugendkriminalität und fehlenden Deutschkenntnissen beizukommen. Derlei Fürsorge habe den gegenteiligen Effekt. Viele ausländischstämmige Berliner bis hin zur dritten Generation hätten sich so im System der staatlichen Alimentierung eingerichtet, dass der Aufbau einer eigenen Existenz nicht lohnend erscheint. Integration kann so nicht funktionieren.

Barbara John formuliert damit die Bankrott-Erklärung eines Systems der Förderung, das Angebote machte, ohne deren Nicht-Gebrauch zu sanktionieren. Auch John hat dabei mitgetan – ihre Arbeit hat sie in zwei Jahrzehnten zur bekanntesten Ausländerbeauftagten der Bundesrepublik und Übermutter der türkischen Berliner gemacht. Sie stand dabei nicht alleine. Erst fordern, dann fördern, diese Maxime wäre in der politischen Debatte bis vor kurzem undenkbar gewesen.

Die Chance zum Umsteuern bietet das neue Ausländergesetz und die Arbeitsmarktreform. Die Pflicht, die deutsche Sprache zu lernen, gehört ebenso dazu wie die Verpflichtung von Arbeitslosen, eine Tätigkeit oder Qualifizierung anzunehmen. Ausländern darf nicht unterstellt werden, sie seien dazu nicht bereit – es hat bisher nur niemand von ihnen verlangt. Allerdings: Es müssen dann auch genügend Sprachkurse oder Ein-Euro-Jobs angeboten werden. Nach wie vor gilt, dass die Bundesrepublik Einwanderer braucht. Sie müssen ihre Chance auf Wohlstand und Lebensglück bekommen – aus eigener Kraft. Wer vorankommen will, der integriert sich mit aller Macht und will weg aus Problemkiezen, weil seine Kinder bessere Bildungschancen bekommen sollen. Nur wer keine Zukunft für sich sieht, der bleibt unter sich. Die Rechnung darf dann die Gesellschaft zahlen.

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