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Schulpolitik: Zweigliedrigkeit plus G8

Ende der Hauptschule: In der Schulpolitik haben sich die Parteien einander sehr genähert. Im Grunde singen mittlerweile alle das Lied von der größtmöglichen Flexibilisierung.

Nein, die Revolution findet auch dieses Mal nicht statt. Die CDU-Führung vollzieht mit ihrem neuen bildungspolitischen Papier eigentlich nur nach, was in den Ländern längst begonnen hat, dort wo man von Schulpolitik ohnehin mehr versteht. Der programmatische Bruch mit traditionellen Vorstellungen, den die CDU auf dem Parteitag im November vermutlich vollziehen wird, basiert also schlicht auf der Summe aus Erfahrungen, die man in den Ländern und Kommunen seit Jahren gesammelt hat. Begonnen hat alles in Sachsen, wo die CDU vor fast 20 Jahren beschloss, nicht westdeutsche Verhältnisse einzuführen, sondern mit der Zweigliedrigkeit und dem Abitur nach 12 Jahren Schulzeit, auch G 8 genannt, einen eigenen Weg zu gehen. Andere CDU-Länder sind dem später gefolgt. Hätten sie es früher getan, wäre die bildungspolitische Debatte der letzten Jahre vielleicht weniger aufgeregt, aber produktiver verlaufen. Denn dass sich allein aus demographischen Gründen die Eigenständigkeit der Hauptschule als Schulform nicht halten lassen wird, ist nicht neu.

Dass die CDU-Führung nun ein modernisierendes Papier vorlegt (die Schulformenbegradigung ist nur ein Teil davon), ist freilich nicht nur Ergebnis landespolitischer Einsichten, auch kaum das Resultat von Angela Merkels Führungskunst, sondern eine Spätfolge der Pisa-Debatten vor zehn Jahren. Es war die Furcht, die SPD werde versuchen, die Schulpolitik auf die Bundesebene zu ziehen (und Gerhard Schröder wollte hier ja die Zügel in die Hand nehmen, um seiner schon etwas schwunglos gewordene zweiten Amtszeit wieder Drive zu geben), die Merkel und Co. dazu brachte, das auch zu tun. Natürlich mit weniger zentralisierenden Tendenzen, das geht in der Union nicht. Aber auch in der SPD ist das Interesse an einer Bundesschulpolitik abgeklungen. Man hat – Landeswahlen oder der Hamburger Volksentscheid haben da ihre demokratische Wirkung gehabt – über alle Parteien hinweg gelernt, dass Schulpolitik nicht das richtige Feld ist, um in Berlin die Fetzen fliegen zu lassen.

Im Grunde singen mittlerweile alle das Lied von der größtmöglichen Flexibilisierung, von möglichst großer Kommunalverantwortung, von starker Einbindung der Eltern und der heilvollen Kooperation über alle Ebenen hinweg. Insofern liegt im Vorhaben der CDU-Führung nun die große Chance, bundesweit wieder zu einem einigermaßen einheitlichen Schulsystem zu kommen. Das wird natürlich vielgestaltig sein – auch die CDU akzeptiert jetzt Gesamtschulen dort, wo die Eltern sie wollen. Aber wer Elternwünsche ernst nimmt, wer Schulautonomie befürwortet und individuelle Förderung, wer möchte, dass möglichst viele in ihrer Schulbildung möglichst weit kommen, der wird diese Vielgestaltigkeit nicht ablehnen können. Ein völlig einheitliches Schulsystem wird es ohnehin nie geben, muss es auch nicht.

Doch wenn die Zweigliedrigkeit plus G 8 der bundesweite Normalfall wird, wäre viel gewonnen: Ein guter Kompromiss, mit dem auch die anderen Parteien leben können.

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