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Vielseitig und praktisch: In nur 15 Sekunden wird der Stadtflitzer zum Frachtgut. So lohnen sich auch kurze Strecken zu Bus oder Bahn.

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Brompton: Das Faltrad aus der britischen Hauptstadt: Ein Drahtesel zum Mitnehmen

Das Faltrad von Brompton ist ein praktischer Begleiter. Dank seines geringen Gewichts und des simplen Faltsystems hat es eine beachtliche Fangemeinde hervorgebracht. Alltagspendler schwören ebenso auf den pfiffigen Drahtesel wie reiselustige Abenteurer.

Sattelstütze heraus- und festziehen, Lenker nach oben klappen und Drehverschluss sichern, dann noch eine elegante Bewegung machen und dadurch zwei weitere Faltmechanismen in Gang bringen - fertig. In knapp 15 Sekunden wird aus dem kompakten, grün lackierten Etwas ein abfahrbereites Fahrrad. Das Entfalten eines Brompton erinnert ein bisschen an einen Zaubertrick: Auch noch nach dem einhundertsten Mal kommt man sich während der Übung tatsächlich vor wie ein Magier und sorgt bei Umstehenden für erstaunte Gesichter. Eben noch locker in der Hand getragen, steht es nur wenig später auf den beiden prall gefüllten 16-Zöllern und lädt zum Tritt in die Pedale ein.

Das zusammengefaltete Rad misst nur ganze 75 x 58 x 27 Zentimeter und passt so bequem in jeden gängigen Kofferraum.
Das zusammengefaltete Rad misst nur ganze 75 x 58 x 27 Zentimeter und passt so bequem in jeden gängigen Kofferraum.

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Wer in den 1970er- oder 1980er-Jahren ein Klapprad sein Eigen nennen durfte, wird sich gewiss noch an den einen oder anderen abenteuerlustigen Ausflug erinnern. Die Räder der ursprünglichen Bauart zeichneten sich eher durch einen narrensicheren Klappmechanismus als durch ein stabiles Fahrgefühl aus und wurden daher auch hauptsächlich auf der Kurzstrecke eingesetzt. Heute stehen die meisten Exemplare (abgesehen von wertvollen Sammlerstücken) häufig weit hinten im Keller - oder wurden bereits über den örtlichen Schrotthändler entsorgt.

Don´t call me Klapprad

Ein Brompton als Klapprad zu bezeichnen, sollte man dagegen tunlichst unterlassen - zumindest in Anwesenheit überzeugter Brompton-Fahrer. Denn die in London in Handarbeit produzierten Räder gehören zur Gattung der Falträder, wie sie beispielsweise auch von Herstellern wie Dahon, Tern oder Riese & Müller (Birdy) angeboten werden. Keines der Konkurrenzmodelle kann jedoch eine derart - im positiven Sinne - verrückte Fangemeinde vorweisen wie das kleine Kultrad aus London. In vielen Ländern finden jährlich offizielle Wettrennen statt, selbstverständlich mit einem als „very british“ zu bezeichnenden Dress-Code: Helm, Jackett, Hemd, Krawatte und Shorts. Im vergangenen Jahr fuhr der Gewinner der ersten Brompton-Meisterschaft Deutschlands die 13,5 Kilometer lange Strecke durch die Bremer Innenstadt mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von waghalsigen 35,2 km/h. Der Veranstalter Henning Voss gab anschließend freudestrahlend zu Protokoll: „Seit heute steht fest: Das Brompton ist ein Rennrad zum Mitnehmen.“

Vielseitig und individuell: Ob Sportlenker, Komfortsattel oder Gepäckträger, das Brompton Rad lässt sich nach den eigenen Vorstellungen gestalten.
Vielseitig und individuell: Ob Sportlenker, Komfortsattel oder Gepäckträger, das Brompton Rad lässt sich nach den eigenen Vorstellungen gestalten.

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Verhüterli für den Transport

Zusammengefaltet passt das Rad in jeden Kofferraum. Auch wenn diese Behauptung trotz der auf Wunsch lieferbaren profillosen Kojak-Reifen etwas übertrieben erscheint: Das Brompton glänzt mit seiner unglaublich kurzen Faltzeit und seinem geringen Faltmaß. Zusammengefaltet (57 x 58 x 27 cm) passt es in den Kofferraum nahezu jedes Pkw und kann problemlos wie ein Gepäckstück auch in Bussen und Bahnen mitgenommen werden - ganz ohne Zusatzticket. Flugreisende verstauen es entweder in einem Karton oder greifen zur eigens von Voss Spezialrad entwickelten Transportbox. Ihr Vorteil: Sie lässt sich, wenn sie nicht gebraucht wird, ebenfalls platzsparend zusammenfalten.

Aber auch ungeschützt lässt sich der kleine Falter in öffentlichen Verkehrsmitteln transportieren. Und dank des in den Sattel integrierten Tragegriffs liegt er dabei überraschend gut in der Hand: Das Gefühl, damit in einen ICE einzusteigen, wo Fahrräder bisher nur in Ausnahmen erlaubt sind, zaubert einem immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Für Reisen in die Schweiz sei erwähnt: Weil das dortige Bahnpersonal ein zusammengefaltetes Brompton sofort als aufpreispflichtiges Velo erkennt, gibt es das „Verhüterli“ als Zubehör. Diese Überstülphülle lässt sich vor dem Einstieg in den Waggon wie eine Art Tarnmäntelchen über das Faltrad ziehen und macht es quasi unsichtbar. Es funktioniert tatsächlich: Der eidgenössische Kontrolleur akzeptiert die Tarnung und hält das verpackte Ding für mitgeführtes Frachtgut.

Das kleine Platzwunder hat der Londoner Tüftler Andrew Ritchie erfunden. Dass er heute 120 Mitarbeiter hat, verdankt er der finanziellen Starthilfe von Freunden.
Das kleine Platzwunder hat der Londoner Tüftler Andrew Ritchie erfunden. Dass er heute 120 Mitarbeiter hat, verdankt er der finanziellen Starthilfe von Freunden.

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Vom Prototyp zum Mobilitätslücken-Schließer

Ganz nach Wunsch gibt es das kleine Mobilitätswunder mit einem, zwei, drei oder sechs Gängen. Letzteres empfiehlt sich für hügelige Gegenden: Die einer Kombination aus Nabenschaltung und Umwerfersystem entspringenden sechs Gänge sind fein abgestimmt. Ein pfiffiges Detail sorgt unterwegs für Komfort: Das Gelenk des Hinterbaus, das auch für den Faltvorgang genutzt wird, ist gefedert und fängt die gröbsten Fahrbahnunebenheiten ab. Am häufigsten machen Berufspendler in urbanen Ballungsräumen oder an Stadträndern von den Faltrad-Vorzügen Gebrauch: Sie sehen darin eine Art „Mobilitätslücken-Schließer“, mit der sich auf dem Weg zur Arbeit die Strecke bis zur nächsten Bus- oder Bahnhaltestelle wunderbar zurücklegen lässt.

Dass seine Idee vor mehr als dreißig Jahren den Schritt vom Tüftler-Prototyp zum Serienprodukt schaffte, verdankt der damals in Brompton (ein Stadtteil des Londoner Bezirks Kensington and Chelsea) wohnhafte Erfinder Andrew Ritchie der Anschubfinanzierung guter Freunde. Nach mehreren Umzügen innerhalb der Stadt arbeiten heute rund 120 Mitarbeiter in der Brompton-Manufaktur. Die je nach Ausstattung neun bis 13 Kilogramm schweren Räder lassen sich individuell zusammenstellen, die Preise beginnen bei 1049 Euro.

Paul-Janosch Ersing

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