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Politik: ...der Papst Harry Potter verstößt

Kraft seines Amtes liebt der Papst alle Kinder. Unter anderem heißt er auch deswegen Heiliger Vater.

Kraft seines Amtes liebt der Papst alle Kinder. Unter anderem heißt er auch deswegen Heiliger Vater. Nur Harry Potter, den liebt er nicht. In diesen Tagen sind Briefe aufgetaucht aus dem Jahr 2003, in denen Benedikt XVI., damals noch Kardinal Ratzinger, Harry Potter geißelt. „Subtile Verführer“, heißt es, die Bücher „zersetzen das Christentum in der Seele“, heißt es, „unmerklich und gerade dadurch tief“. Die alte Warnung wird rechtzeitig wiederholt, am kommenden Sonnabend kommt Band sechs des Teufelswerks auf den Markt. Wieder werden weltweit Millionen kleiner Seelen zersetzt. Und keiner merkt’s.

Das gab es schon einmal. In den sechziger, siebziger Jahren hat auch außer der katholischen Kirche niemand mitbekommen, dass diese Rockmusik Satan in die Hände und Hölle spielte. Nur ein paar wenige hatten die Perfidie durchschaut und wussten, dass man Rockmusik nur rückwärts spielen, hie und da ein paar Buchstaben aus den Texten streichen muss, schon kamen düstere Geheimbotschaften zum Vorschein. Satan lebt, so etwa.

Gerade die Engländer haben es mit geheimen und subtilen Botschaften. Wie die Beatles. Auf dem Cover von „Abbey Road“ läuft Paul McCartney barfuß durchs Bild. Als einziger. Im weißen Anzug. Der Barfußgang war der Hinweis, dass Paul längst tot war. Der heutige Paul McCartney ist nur ein Schauspieler, der den alten nachmacht.

Zurück zu den Büchern. In Sachen schlimmer Bücher kennt sich die Kirche bestens aus. Der Index Librorum Prohibitorum, das Verzeichnis der für jeden Katholiken verbindlich verbotenen Bücher, wurde aber 1967 abgeschafft. Seitdem darf jeder Katholik die Liebesgeschichten von Honoré de Balzac lesen. Vorher durften sie nicht. Auch alle Werke Heinrich Heines sind erlaubt. Vorher waren sie es nicht. Lesbar sind inzwischen auch Voltaire und Alexandre Dumas. Kirche vor 1967 war ein wenig radikaler. „Die Kritik der reinen Vernunft“ des Aufklärers Kant kam ihr bis dahin nicht ins katholische Bücherregal. Insgesamt 6000 Bücher, die fortan katholische Seelen bestürmten. Wohin die Liberalität führte, sieht man heute: Die Kinder lesen „Harry Potter“. Und in Kirchen wird gerockt.

Wie richtig der Papst mit seiner Warnung vor dem Potter’schen Ungeist liegt, zeigt der Gesamtplan der Autorin J. K. Rowling. Fünf Bände sind schon erschienen, mit dem sechsten ist noch nicht Schluss. Es wird einen weiteren geben. Sieben Bände „Harry Potter“! Die Zahl sieben ist gar keine gute Zahl. Sonst gäbe es sechs oder acht Todsünden. Es gibt aber sieben. Und Elvis lebt.uem

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