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Politik: … deutsche Tugenden sekundär werden

Dass sich etwas tut in diesem Land, ist deutlich an Michael Schumacher abzulesen. Michael Schumacher, der Rennfahrer, der gerade mal wieder gewonnen hat im roten Dress und unter Italiens Sonne.

Dass sich etwas tut in diesem Land, ist deutlich an Michael Schumacher abzulesen. Michael Schumacher, der Rennfahrer, der gerade mal wieder gewonnen hat im roten Dress und unter Italiens Sonne. Das hat er mit Ordnungssinn und Zuverlässigkeit geschafft, mit Pflichtbewusstsein, Treue, mit Redlichkeit und Bescheidenheit. Möglicherweise war auch noch ein Schuss Gottesfurcht dabei, kurzum: Michael Schumacher ist ein Mann der preußischen Tugenden. Die preußischen Tugenden werden hierzulande vorwiegend im Sport verwendet, und, besonders im Fußball, noch um die etwas diffusen deutschen Tugenden ergänzt. Auch ohne, dass diese näher definiert wären, weiß man, dass die deutschen Tugenden nicht unbedingt etwas sind, was man gerne hätte. Ihnen haftet ein wenig Tumbheit an, sie strahlen Spaßverzicht aus, stinken nach Drecksarbeit und wenn man sich ihrer bedient, bekommt man oliverkahnhafte Züge. Wirklich schön sind diese deutschen Tugenden also nicht. Aber man kann mit ihnen Weltmeister werden. Bislang war das auf jeden Fall so. Bislang hatte es immer geheißen, anders ginge es praktisch gar nicht, also zumindest für Deutsche nicht, nicht im Fußball, nicht im Leben, überhaupt nicht.

Von Autorennfahrern weiß man, dass sie mitunter kluge Sätze produzieren. Sätze von herbergerscher und philosophischer Durchdringung. „Es gibt wichtigere Dinge in meinem Leben, als mit einem Auto im Kreis rumzufahren“, ist so ein Satz, gesprochen von Niki Lauda, Schumachers österreichischem Kollegen, der damit nichts Geringerem als der unabdingbaren Wiederkehr des Immergleichen entgegentrat. Nun hat auch Michael Schumacher gesprochen und uns Landsleute dringend gebeten, bei dieser Weltmeisterschaft endlich mit der Beschwörung der deutschen Tugenden Schluss zu machen. Nicht etwa, weil er nicht Weltmeister werden will, sondern weil „die deutsche Mannschaft modern und kosmopolitisch geworden ist“. Was nicht zu leugnen ist, auch wenn das multikulturelle derzeit nicht so en vogue ist.

Hoppala, was Schumacher da fordert, das ist ja eine rigorose Abkehr von deutschen Tugenden, also von solchen immergleichen Dingen wie eiserne Disziplin, Gehorsam, Pflichterfüllung. Von solchen Dingen, die Oskar Lafontaine einmal, als er auch noch kluge Sätze produzierte, Sekundärtugenden genannt hat. Sekundärtugenden, wie er dann weiter ausführte, mit denen man auch erfolgreich ein KZ führen könne. Wir sollten Michael Schumachers Rat dringend befolgen. Zur WM, und überhaupt.uem

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