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Politik: … die Federn fliegen

Die Kissenschlacht als solche ist hierzulande ja total unterschätzt. Kissenschlachten finden hier doch nur im privaten Bereich statt, in Schlaf- und Kinderzimmern, kaum einer erfährt davon.

Die Kissenschlacht als solche ist hierzulande ja total unterschätzt. Kissenschlachten finden hier doch nur im privaten Bereich statt, in Schlaf- und Kinderzimmern, kaum einer erfährt davon. Warum eigentlich? Andere Länder sind diesbezüglich wesentlich weiter.

Südafrika zum Beispiel. Da haben kürzlich 806 Studenten der Johannesburger Witwatersrand-Universität sich die Kissen um die Ohren gehauen, dass es nur so eine Freude war. Ihre Professoren standen dabei auf den Dächern benachbarter Gebäude. Angefangen hatte die Schlacht mit einem Studenten, der sein Kissen mitgebracht hatte, weil die Vorlesung so einschläfernd war. So eine öffentliche Kissenschlacht kann demnach als sanfte, schmerzfreie Protestform genutzt werden.

Ein anderes sehr schönes Beispiel liefert Israel, wo es sogar eigens den „Kissenschlacht-Club Tel Aviv“ gibt, eine Vereinigung von offensichtlich hohem sittlichen und moralischen Ernst. Auf dem zentralen Rabin-Platz in Tel Aviv lieferten sich hunderte junger Menschen eine heftige Schlacht, die „Verbesserung der Moral“, erklärten die Veranstalter, war Zweck des Festivals der Daunen. „Gerade heute, wo es so viel Gewalt gibt, ist das ein guter Weg, seine Aggressionen los zu werden“, hieß es. Man könnte sich in Berlin angelegentlich des kommenden 1. Mai ruhig an die deeskalierende Kraft der Kissenschlacht erinnern.

Der Anlass für diese kleine Kulturgeschichte der Kissenschlacht kommt indes aus Bhutan. Ja, auch dieses kleine Land, eingeklemmt zwischen Indien und China, hat Vorbildliches zum Thema zu bieten. Jigme Khesar Namgyal Wangchuk, 25, ist Kronprinz von Bhutan, das weiß vielleicht nicht jeder. Sein Vater, der König, hat ihm dieser Tage eröffnet, dass er gedenke, ihm in drei Jahren die Geschäfte zu übergeben. Nun hat aber der Junior gerade zu Moral und harter Arbeit aufrufen müssen. Solche sittenstrenge Appelle, wer wüsste das besser als hiesige Politiker, fördern nicht eben die Popularität. Folglich hat Wangchuk bei einem Fest in der Stadt Paro an einer traditionellen Kissenschlacht teilgenommen und dabei, wie gemeldet wurde, einen Menschen auf seinem Rücken getragen. Auf die Schnelle war leider nicht zu recherchieren, warum man in Bhutan die Tradition der Kissenschlacht und des Menschen-Herumtragens pflegt. Der königliche Plan ging aber auf: Die Leute waren begeistert über Hoheit. Wenn wir also bald wieder zu härterer Arbeit aufgefordert werden und sich die Kanzlerin und Münte dabei mit Kissen fetzen, hat das gewiss verstärkende Wirkung.uem

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