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Politik: … die StVO alle Probleme der Welt löst

Keiner blickt mehr durch. Botschaften brennen.

Keiner blickt mehr durch. Botschaften brennen. Chefredakteure werden abgesetzt. Politiker rufen: Respekt zeigen! Kommentatoren wackeln wägend mit dem Kopf. Entschuldigung! Ja? Warum denn?!

Mullahs, Mohammed und die marodierende Medienkritik – wenn die weltpolitische Lage unübersichtlich wird, müssen kurze Sätze her. Glasklare Sätze. Also hat die große deutsche Boulevardzeitung allen religiösen Fanatikern warnend zugerufen: „Toleranz ist keine Einbahnstraße.“ Ja was denn dann, bitte? Ein Kreisverkehr? Ein Parkhafen mit Anwohnerberechtigungsschein von 9 bis 22 Uhr? Oder ist Toleranz die Autobahnausfahrt Nürnberg-Süd?

Schon sitzen Schriftgelehrte in Bibliotheken und rätseln, über kluge Bücher gebeugt. Toleranz? Einbahnstraße? Ein kleiner Tipp: Die deutsche Straßenverkehrsordnung (StVO) definiert unter § 2 Absatz (1), 3b die „Einbahnstraße: eine Straße, deren Fahrbahn für den Verkehr in einer Richtung bestimmt ist“; und der Brockhaus schreibt, Toleranz sei „Duldsamkeit“. Demnach, oh all ihr eifernden Gläubigen, meinte die o. g. Zeitung: Wessen Duldsamkeit in die falsche Richtung rast, der bekommt einen Strafzettel und einen Eintrag in Flensburg. Passt also schön auf!

Deutschland ist damit bislang gut gefahren. Das Wesentliche steht im Grundgesetz, alles Weitere regelt die StVO. Einige Beispiele? Gerne:

So sagte vor Jahren Rudolf Scharping, SPD, es ging um Beamtenbesoldung, der „Welt am Sonntag“ (26.4.1998): „Solidarität ist keine Einbahnstraße.“ Der Chef einer großen Agentur für Personalberatung schrieb im „Handelsblatt“ zur Corporate Identity, (7.5.2004): „Loyalität ist keine Einbahnstraße.“ Bremens Bildungssenator Willi Lemke, SPD, sprach zur „taz“ (1.3.2003): „Integration ist keine Einbahnstraße.“ Und die vormalige Bundesministerin Edelgard Bulmahn fand in einem Interview (24.8.2003): „Internationalität ist keine Einbahnstraße.“

So viel Weisheit globalisiert sich. Der Chef der amerikanischen Telekom-Aufsichtsbehörde diktierte der „Washington Post“ (25.7.2000): „Globalisierung ist keine Einbahnstraße.“ Und der US-Admiral Giambastiani meinte in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (28.6.2005) zur militärischen Osterweiterung: „Die Nato ist keine Einbahnstraße.“

Diese Ansätze zur Problemlösung sind einmalig. Wann wird Kofi Annan vorschlagen, die Präambel der UN um die Straßenverkehrsordung zu erweitern? (Kleiner Hinweis: Aktien von Einbahnstraßenschilderherstellern – jetzt kaufen!) Und, hat Herr Ahmadinedschad überhaupt den Führerschein? not

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