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Politik: ...wir abwarten und Tee kauen

Widersprüchliche Nachrichten erreichen uns täglich aus aller Welt, und leider bleibt auch eine zu messerscharfer Analyse neigende Kolumne wie „Der Tag, an dem …“ nicht davon verschont, zum Beispiel ihr IndienBild beständig korrigieren zu müssen. Hatten wir uns neulich nicht, just an dieser Stelle, doch ziemlich fahrlässig auf den Stoffwechselfachmann Sashank Joshi verlassen, der mit seinen ernährungswissenschaftlichen Studien („Der Inder hortet zu viel Fett, weil er nie weiß, ob womöglich mal wieder eine Hungersnot bevorsteht“) eine gewisse sportliche Trägheit seiner Landsleute plausibel zu erklären suchte?

Widersprüchliche Nachrichten erreichen uns täglich aus aller Welt, und leider bleibt auch eine zu messerscharfer Analyse neigende Kolumne wie „Der Tag, an dem …“ nicht davon verschont, zum Beispiel ihr IndienBild beständig korrigieren zu müssen. Hatten wir uns neulich nicht, just an dieser Stelle, doch ziemlich fahrlässig auf den Stoffwechselfachmann Sashank Joshi verlassen, der mit seinen ernährungswissenschaftlichen Studien („Der Inder hortet zu viel Fett, weil er nie weiß, ob womöglich mal wieder eine Hungersnot bevorsteht“) eine gewisse sportliche Trägheit seiner Landsleute plausibel zu erklären suchte? Hatten wir.

Gerade waren wir bereit, vor unserem geistigen Auge alle Gandhi-ähnlichen Figuren beiseite zu schieben und sie durch einen zu dezenter Teigigkeit neigenden Typus „Neuer Inder“ zu ersetzen – da kommt uns nun Mridul Hazarika in die Quere. Der Mann leitet das renommierte Tocklai-Institut in Assam, die weltgrößte Forschungseinrichtung in Sachen Tee. Neulich hat er eine Pille erfunden, die es überflüssig macht, sich morgens eine Tasse Tee aufzubrühen – falls man mal sehr in Eile ist. Das Patent dazu ist schon angemeldet. Die Tablette, sagt Hazarika, sei „vollkommen sicher“, sie habe „fast die gleiche Wirkung wie frischer, heißer Tee“ und könne „gelutscht, gekaut oder geschlürft werden“.

Wahrscheinlich kann man sich die Pille auch auf der Zunge zergehen lassen, würde dabei aber den gerade gewonnenen Zeitvorteil wieder einbüßen. Merken Sie’s? Da passt was nicht.

Entweder tendiert der Inder (Joshi!) nun zur Fetteinlagerung, was eine gewisse Behäbigkeit voraussetzt – oder (Hazarika!) er stürzt morgens Hals über Kopf und pillenschlürfend aus dem Haus, wahrscheinlich um stundenlang Computersimulationen über naturidentische Aromastoffe zu erstellen.

Hazarika, die Vorzüge der Tee-Tablette preisend, sagt: „Man braucht kein heißes Wasser und muss auch nicht nach einer Tasse suchen, weil man die Tablette in der Tasche mit sich tragen kann.“ Das gibt einen dezenten ethnologischen Hinweis und kann zweierlei bedeuten: Der Inder hat keinen Küchenschrank. Oder er neigt zur Desorientiertheit (woraus sich nach einer kurzen Phase der Resignation dann allerdings wieder eine gewisse Behäbigkeit entwickeln könnte …).

Egal. Gern würde man wissen, ob „Clocky“, die neue Erfindung des Massachusetts Institute of Technology, in Indien einschlägt. „Clocky“ ist ein Wecker, der sich nach dem Druck der Schlummertaste vom Nachttisch fallen lässt und sich in einer Zimmerecke verkriecht – bis man ihn gefunden hat. Wer das jeden Morgen mitmacht, der sucht nicht auch noch nach Teetassen. Vbn

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