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Politik: ...wir auf Staatskosten verreisen

Die Sache mit der Flut in Südasien läuft nun darauf hinaus, dass alle helfen wollen, aber nicht ganz genau wissen, wie – und wer das alles bezahlen soll. Dabei ist die Schuldfrage inzwischen eindeutig geklärt, jedenfalls, wenn wir dem BestsellerAutor und Tsunami-Kenner Frank Schätzing folgen mögen, der in der „Zeit“ den Finger in die Welle legt: Wir Touristen sind schuld, weil die Reisebranche den Ländern dort drunten „die Preispistole auf die Brust“ gedrückt hat – wir haben uns in den Bars von Phuket zum Nulltarif die Kante gegeben, und da blieb halt im Land selbst kein Geld mehr für ein Warnsystem übrig.

Die Sache mit der Flut in Südasien läuft nun darauf hinaus, dass alle helfen wollen, aber nicht ganz genau wissen, wie – und wer das alles bezahlen soll. Dabei ist die Schuldfrage inzwischen eindeutig geklärt, jedenfalls, wenn wir dem BestsellerAutor und Tsunami-Kenner Frank Schätzing folgen mögen, der in der „Zeit“ den Finger in die Welle legt: Wir Touristen sind schuld, weil die Reisebranche den Ländern dort drunten „die Preispistole auf die Brust“ gedrückt hat – wir haben uns in den Bars von Phuket zum Nulltarif die Kante gegeben, und da blieb halt im Land selbst kein Geld mehr für ein Warnsystem übrig. So einfach!

Nörgler wenden nun ein, dass es beispielsweise in Indien massenhaft exzellente Computerspezialisten gebe, die von keiner Preispistole bedroht werden und dennoch nicht mal eine anständige Telefonkette eingerichtet kriegen. Aber wir sind ja viel zu gern schuld, um die schöne Schätzing-Theorie einfach so abzutun. Zumal sie sehr dekorativ mit dem Vorschlag des CDU-Haushaltsexperten Feibel kollidiert, der Reisen in die Katastrophengebiete steuerlich absetzbar gestalten will. Jetzt sitzen wir wieder alle dumm da und kriegen die Schlüsselfrage doch nicht beantwortet: Reisen oder nicht?

Der ideale Tourist müsste sich ungefähr so verhalten: Er fliegt, gefördert vom Bundesfinanzministerium, umgehend nach Sri Lanka oder Thailand. Dort angekommen, zieht er die Preispistole, richtet sie pfeilgerade gegen sich selbst und zahlt freiwillig doppelte Tarife, nicht, ohne den Wirt der Strandbar eindringlich zu vergattern: Du spenden, Tsunami Warning System, okay? Und zwei Jahre später schaut er nach, ob die Kohle nicht doch für Gartenmöbel und Cabrios verjuxt wurde.

Das ist allerdings nur eine oberflächliche Lösung, denn gerade der ThailandTourismus weist bekanntlich ein paar Schattenseiten auf. Herr Feibel hat bislang nicht schlüssig erklärt, ob die Steuerermäßigung nur für Strandurlaub im sittlich gefestigten Familienverband, zum Beispiel amtlich geprüfte Hochzeitsreisen, gelten soll, oder auch für Trips aus niedrigeren Beweggründen, die in die Hinterzimmer gewisser Bangkoker Stundenhotels führen. Oder ist das dann auch egal?

Ach, vermutlich stellt sich ohnehin wieder Hans Eichel quer und teilt mit, die halbe Milliarde Staatsknete sei vorerst genug. Was dann? Er könnte das Geld ja von Touristen in kleinen Portionen nach drunten bringen lassen – Freiwillige gäbe es vermutlich genug. Sie müssten sich allerdings verpflichten, die Preispistole zu Hause zu lassen. bm

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