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Politik: ... wir den Fußball neu erfanden

Ja, Leute, der Fußball kommt in die Jahre. Speziell in Deutschland ist er längst so wurmstichig wie die Rentenversicherung, und doch denkt sich für ihn niemand wenigstens eine winzige Agenda Zweitausendsoundso aus.

Ja, Leute, der Fußball kommt in die Jahre. Speziell in Deutschland ist er längst so wurmstichig wie die Rentenversicherung, und doch denkt sich für ihn niemand wenigstens eine winzige Agenda Zweitausendsoundso aus. Im Gegenteil: Jetzt hat Rudi Völler sogar den fast vergessenen Hobbykicker Christian Ziege wieder in die Nationalmannschaft geholt, obwohl der nicht einmal mehr in Tottenham gebraucht wird. Doch der große Fußballphilosoph Fritze Hölderlin wusste: In großer Gefahr wächst das Rettende auch, und es wächst derzeit in Brandenburg. Dort hatte der SV Mühlenbeck nur sechs Spieler zum Heimspiel gegen Birkenwerder aufbieten können – eine Verbandsstrafe wegen Nichtantretens drohte. Spielen zu sechst? Anstrengend und aussichtslos. So setzten sich Trainer und Schiedsrichter zum Palaver zusammen, und sie verabschiedeten einen frei erfundenen Spielbericht mit einer angemessenen 0:6Heimniederlage für die Mühlenbecker. Dass das Komplott jetzt aufflog, ist Pech für die Vereine, aber Glück für uns Deutsche, denn wir besitzen nun eine Spielvariante, in der wir unschlagbar sind: Wir diskutieren die Sache aus. Nicht mehr Mann gegen Mann voll in die Knochen, sondern faires Ringen um einen angemessenen Interessenausgleich, soccer mainstreaming.

Das Spiel vom Donnerstagabend also: geschenkt. Malteser, hätte Rudi den Leuten aus Malta stattdessen vorgehalten, ohne deutschen Sieg geht nun mal nix, aber wir können ihn sozialverträglich gestalten, so in der Gegend von drei zu null. Null? würde Malta entgegnen, keine Chance, wir hauen euch einen rein, ist doch klar. Nach mehrstündigen Verhandlungen wäre dann vermutlich ein Vier zu Anderthalb herauskommen, vorbehaltlich der Evaluation des Ergebnisses durch die Gremien des deutschen Fußballbundes. Gut: Malta ist ein schwacher Gegner, und gegen Teams wie Brasilien oder Frankreich sähe unsere Verhandlungsposition schwächer aus. Doch gerade dann sollten deutsche Fertigkeiten zum Tragen kommen. Seht euch den Flughafen Schönefeld an, werden wir drohen, die Topographie, das Holocaust-Mahnmal! Wir können warten. Und statt Bananenflanke und Doppelpass geben dann eben Bürgerbeteiligung, wiederholtes Planfeststellungsverfahren und Verbandsklagerecht den Ausschlag. Für eine Übergangsphase wird es Tore, Bälle, La-Ola-Wellen und ähnlichen Tand noch geben müssen, aber das vermisst bald niemand mehr, wenn Deutschland nur Weltmeister ist. Wunder von Bern? Vergessen Sie´s. Jetzt kommt das Wunder von Mühlenbeck. bm

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